Hop und Top 2003: Ein cineastischer Jahresrückblick

Kein Jahr der Trauer: Ein cineastischer Jahresrückblick

Rückblicke, Bestenlisten allenthalben, mehr denn je scheint der Jahreswechsel Berufene jeglicher Couleur zur gemeinsamen Retrospektive anzuspornen. Wir wollen uns dieser Entwicklung nicht gänzlich verschließen und lassen daher nachfolgend das Leipziger Kinojahr 2003 Revue passieren. Ganz und gar unaufgeregt, höchst subjektiv und bewusst auf einen Hitparadencharakter verzichtend, haben die Mitarbeiter des Filmressorts ihre persönlichen Lieblingsfilme wie ihre größten cineastischen Enttäuschungen des vergangenen Jahres in Kurzbeiträgen versammelt, auf dass noch einmal jeder Interessierte nachlesen möge, was uns auf der Leinwand berührt, fasziniert oder auch maßlos geärgert hat. Wir wünschen allen Leipziger Cineasten ein erfolgreiches Jahr 2004 und hoffen, dass Sie dem Leipzig Almanach weiterhin gewogen bleiben.

Polemisch betrachtet war 2003 kein Jahr der Trauer für das Kino. Wem die Parole nicht gefällt, der kann ja gehen. Die Filmkunst hatte tatsächlich einiges zu bieten, und für das Mainstream-Kino wäre solcher Selbstzweifel eh blanker Hohn.

Wie wunderbar bescheiden hatte das Jahr begonnen mit Nicolas Philiberts entzückendem Dokumentarfilm Sein und Haben über die Geborgenheit und das Erwachsenwerden mit der Schule. Unvergessen bleibt der zwischen Liebe und Strenge bedacht wankende Lehrer, mit dem der Film einen ganz eigenen Beitrag zur hiesigen Pisa-Debatte lieferte. Die Oskar-gekrönte, bissig geniale Kriegssatire No Man’s Land von Danis Tanovic wirkt umso niederschmetternder im Rückblick auf ein erneutes Jahr des Krieges. Der als deutsche Beitrag zum 11. September angelegte Film September war dagegen mehr als peinlich. Max Färberböck wollte darin zeigen, dass das Ereignis doch irgendwie auch mit uns zu tun hat, kam jedoch mit Stereotypen und deren privaten Schicksalen nicht über diese These hinaus. Weitaus mehr zum Thema brachte Michael Winterbottoms Berlinale-Gewinner In This World über die beschwerliche Reise zweier afghanischer Flüchtlichtlingsjungen. Zu den Filmen des Jahres gehört zweifellos auch breitenwirksames Kino wie City of God, Chihiros Reise ins Zauberland und The Hours, dessen Liebhabern ausdrücklich noch einmal Michael Cunninghams ebenso hinreißende Romanvorlage empfohlen sei.

Herausragendes, ungewöhnliches Kino lieferte Aki Kaurismäki mit Der Mann ohne Vergangenheit und Todd Haynes mit Dem Himmel so fern, einem amerikanischen Melodrama, dass Douglas Sirk wie Fassbinder begeistert hätte. Ein großes Lob gebührt der jungen spanischen Filmemacherin Isabel Coixet für ihren Film Mein Leben ohne mich über die letzten Lebenstage einer jungen Mutter. Während der Dreharbeiten löste sie sich vom Ziehvater Pedro Almodóvar verließ sich auf ihre eigene Filmsprache. Solch einen unbeirrten Glauben an sich und seine Kunst musste in Deutschland gegen breite Ignoranz Hans-Christian Schmid beweisen. Sein Film Lichter leuchtet hell über alle deutschen Filme des Jahres hinweg und trägt die Hoffnung auf gesundendes, wieder wichtiges Kino hierzulande. Leider kam er zu spät. Good Bye, Lenin! war bereits als Exempel für die Auferstehung des deutschen Films erkoren. Ihm sei der Erfolg gegönnt, aber nicht jeder muss ihn lieben. In diesen Auferstehungsgesang stimmte denn auch Das Wunder von Bern mit ein. Sein oberflächlicher, jedoch netter Unterhaltungswert wurde aber nicht zuletzt gemildert durch die anbiedernde Pseudo-Auseinandersetzung mit der unverdauten Nazi-Identität der Nachkriegsjahre und einer billigen Nummernshow Herberger-Sepps philosophischer Evergreens. Sönke Wortmanns Selbstvertrauen gipfelte in einem Beitrag in einer Talkshow, er möge nun aber nichts mehr davon hören wollen, dass es dem deutschen Film schlecht gehe. Und so gehorchte einheitlich die Kritik, lobte und schwieg, dass es ihr peinlich war.

Ein großes Publikum jedenfalls ist begeistert; das allein bezwingt abweichende individuelle Geschmäcker. So auch beim Publikumsrenner Frida, einer Fiesta mit hedonistischem Superweib. Dabei vergisst man schon mal gerne, dass die echte Künstlerin Frida Kahlo nicht fröhlich humpelte, sondern tatsächlich bitterlich an ihren Gebrechen litt und allein ihr maskulines, streng und schönes Gesicht die tiefe, innere Zerrissenheit erahnen ließ. Wirkliches über die Künstlerin gibt’s in Büchern, leider nicht im Kino. Aber Wirklichkeit ist schließlich dehnbar, das bewies wie kein anderer dieses Jahr das junge Regietalent François Ozon in seinem meisterlichen, erotischen, verspielten und spannenden Swimming-Pool, der viel über den Filmemacher selbst verrät. Auch aus dem Francophilen erwuchs das große Meisterwerk von Denys Arcand. Die Invasion der Barbaren besticht emotional wie intellektuell, ist wortwitzig und bis ins Detail ambivalent. Seine äußere Form der schwebend leichten Geschwätzigkeit mag nun belanglos für den einen sein, für den anderen große Kunst, in die man weit hinein blicken darf.

Aber, machen wir uns nichts vor: Film des Jahres ist der Herr der Ringe. Der tut dem eigenen Dasein nicht weh und sei trotzdem überwältigend. Wer nicht mit einstimmt, ist ignorant. Für diese Tendenz zur leeren Form stehen noch mehr die Kostümfilme der Matrix-Nachfolge. Den Höhepunkt bildet Tarantinos Kill-Bill, der nette Mix aus Filmstilen, trivialer Story und schönen Bildern gleich einem Comic Strip. Das ist hohl und kaum mehr unterhaltend. Da war ein Film wie Tiger and Dragon schon mal weiter, der aus dem Zitat der Kampfszenen ein bezauberndes Ballett kreierte. Konträr zu Kill-Bill erregt zum Jahresabschluss Comic-Hasser Lars von Trier Aufmerksamkeit und zeigt, dass er noch lange nicht fertig ist, den Film zu revolutionieren. Mit der totalen Reduktion der Form bzw. der Requisite auf das Wesentliche der Geschichte erzählt Dogville vom Würgegriff des kleinbürgerlichen (amerikanischen) Kommunitarismus. Mit überraschender Wendung ist wieder einmal alles andere als eine klare Moral formuliert, aber starke Thesen. Eine davon ist die Sympathie mit einer Frau (Nicole Kidman), die man mitunter als eine Symbolfigur des Hedonismus sehen könnte – sie macht sich hübsch und kauft sich „sinnlose“ Spielzeugfiguren. Wo wird uns von Trier noch hinführen? Doch etwa wieder zurück in das Wunder-von-Kill-Bill-Frida? Na dann, auf ein fröhliches neues Jahr!(Jörn Seidel)Japón
(Mexiko/Spanien 2002, Regie: Carlos Reygadas)

Japón gibt es nur im Kino, das wäre wirklich nichts im Roman, oder auf der Bühne, nirgendwo, aber auf der Leinwand kommt es fantastisch schön. Regisseur Carlos Reygadas hat mit seinem Regiedebüt das Kino sicher nicht revolutioniert oder neu erfunden, aber er darf sich in die Reihe derer stellen, die eine Magie, die es nur im Kino geben kann, auf die Leinwand zu bannen imstande sind.

Die Reise beginnt in Mexiko-Stadt und führt hinaus aufs weite algarvenbewachsene Land und in die kargen Berge. Ein alter, namenloser, hinkender und von Sehnsüchten gepeinigter Mann sucht einen Ort zum Sterben. In einem abgelegenen Dorf gibt ihm die fromm vor sich hinvegetierende Greisin Ascen ein seltsam spartanisches, jedoch innig vertrautes Gefühl vom harten Überlebenskampf.

Regisseur Carlos Reygadas ist ehrlich in moralischer Hinsicht – er ist ehrlich genug, sich für seine kargen Figuren zu interessieren. Am eindringlichsten zu sehen, wenn der alte Mann Ascen um den Gefallen bittet, ein letztes Mal Geschlechtsverkehr zu haben – keinen Augenblick rückt die Kamera ab vom Tatsächlichen: keine unnütze Szene, die die wahren, allzu menschlichen Gefühle stilisiert – nichts dazutun, nichts wegnehmen, Reygadas versteht diesen Balanceakt vortrefflich.

Mehr noch als eine sensible Brillianz in der Schauspielerführung, ist Japón ein bildgewaltiger Film. Verstörende Montagen – der alte Mann fleht vor einem Pferdekadaver stehend, am Rande eine Schlucht den Himmel an, und surreale Verfremdungen – das Tal in dem sich das Dorf befindet, vermittelt den Eindruck fern jeglicher Realität zu sein: Reygadas bewegt sich spürbar in den entrückten Sphären des frühen Bunuel.

Unter allen Blüten dieses Leipziger Kinojahres ist diese meine Liebste – mit der unerhörten Kraft der Realität des mexikanischen Films, in kurzen Augenblicken visionär wie das Kubrick-Universum, karg und ehrlich wie ein Huston-Western, in der Poesie einem Kurosawa ebenbürtig. Japón ist Kino.(Michael Bolte)Swimming Pool
(Frankreich/GB 2003, Regie: Francois Ozon)

Wie der letzte Film von Ozon 8 Frauen ist auch Swimmingpool eine Verbeugung vor großartigen Schauspielerinnen. Im Mittelpunkt dieses filmischen Verwirrspiels stehen Charlotte Rampling als die verknöchert wirkende Krimiautorin Sarah und Ludivine Sagnier als Julie, die frühreife Tochter von Sarahs Verleger. Die beiden höchst verschiedenen Frauen begegnen sich im Ferienhaus des Verlegers bzw. Vaters und können sich zunächst nicht ausstehen. Nach und nach nähern sie sich jedoch an und müssen schließlich feststellen, dass sie so unterschiedlich nicht sind.

Viel passiert nicht und die Handlung ließe sich mit den Worten „Frau versucht Krimi zu schreiben“ ausreichend zusammenfassen. Dass es damit nicht getan ist, versteht sich von selbst. Das Zusammentreffen der beiden sexy Frauen, das gegenseitige Ausspionieren und heimliche Bewundern und Beobachten macht diesen Film auch ohne die sich anschließende Kriminalgeschichte unglaublich spannend und anziehend. Es ist weniger ein klassischer Whodunit als viel mehr eine psychologische Studie über die seelischen Abgründe und die menschliche Vorstellungskraft.

Als Sarah am Ende ihr Manuskript bei John dem Verleger abliefert und dort kurz auf die „richtige“ Julie trifft, wird es einem schlagartig klar: nichts was man bisher gesehen hat, muss so geschehen sein. Die gezeigte Geschichte könnte auch ganz und gar der Phantasie Sarahs entstammen, sogar der Inhalt des soeben beendeten Romans sein. Beim weiteren Nachdenken kommen mehrere Momente ins Gedächtnis, an denen die ?wahre? Geschichte in die Phantasie umschlägt. Dass es darauf natürlich nicht ankommt, und die Bemühung diesen Moment zu bestimmen keinen Erfolg finden wird, ist Prinzip des Films. Der Zuschauer wird gezielt mit dieser delikaten Verwirrung von Sein und Schein konfrontiert und darf sich im Nachhinein ein ums andere mal darüber freuen, wie schön es ist, sich auf eine Geschichte einzulassen.(Lina Dinkla)City of God
(Brasilien 2003, Regie: Fernando Meireilles)

Ein Film wie ein Rausch. Die brasilianische Milieustudie von Regisseur Fernando Meireilles gehört zweifelsohne zu den ganz großen Höhepunkten des abgelaufenen Filmjahres. Basierend auf einem Roman von Paulo Lins erzählt das Werk vom Aufwachsen, Leben und Sterben in einer Vorortsiedlung Rio de Janeiros, gewaltig und gewalttätig, rauschhaft und bedrohlich sind die Bilder und Töne, mittels derer Meireilles den Kreislauf aus Gewalt, Drogen und Sex in der „Stadt Gottes“ illuminiert.

Exemplarisch am Schicksal des jungen Buscapé (Alexander Rodrigues), eines angehenden Fotografen, und dem Bandenkrieg der Männer um den jungendlichen Drogenboss Locke und seinen Widergänger „Karotte“ erzählt, bedient der Film in fest verknüpften Episoden und eindrucksvoll dokumentierten Gewaltorgien einen neuen cineastischen Realismus, den man im zeitgenössischen Kino so bisher vergeblich suchte. Die wenigen lichten Momente im Leben der Ghettoisierten strahlen vor Schönheit, doch stets lauert in der nächsten Szene die bewaffnete Meute, bereit zum Äußersten und betäubt durch die Droge. Der innere Monolog Buscapés, zunehmend im Film durch den Einsatz der Fotokamera verstärkt, träumt vom Ausbruch aus der Hölle, von einem Wunder, das möglich sein müsse, wenn man an einem Ort aufwächst, der „Stadt Gottes“ heißt.

Daß er es schließlich schafft, während die Gefährten seiner Kindheit nach und nach im blutigen Kampf der Hybris erliegen, ist, wenn man Meireilles glauben darf, seinem wachen Auge geschuldet wie seinem frühen Entschluß, immer anständig zu bleiben

Das südamerikanische Kino ist in den letzten Jahren verstärkt auch in Europa wahrgenommen worden. Durch „City of God“ hat es uns nun so etwas wie einen ersten Blockbuster hervorgebracht, den auch die Kritiker lieben. Es bleibt zu hoffen, dass dieser Umstand nicht allein einem Exotenbonus geschuldet ist, denn Meireilles Film ist weitaus mehr als „Pulp Fiction unterm Zuckerhut“. Er ist die glaubhafte Dystopie des modernen Außenseiters im Film, ein wunderbar tragisch inszeniertes Werk, dessen großer Verdienst gerade in der schonungslosen Darstellung der Dichotomie von Schönheit und blutgetränkten Leichen besteht. Mehr Gewalt und Liebe war nie im Kino 2003!(Roland Leithäuser)28 Days Later
(GB/USA/F 2003, Regie: Danny Boyle)

Als Jim nach 28 Tagen aus dem Koma erwacht und zunächst durch das völlig menschenleere und verwüstete Krankenhaus und schließlich London stolpert wird ihm klar, dass er wohl in den Tagen seiner Abwesenheit etwas verpasst haben muss. Als er zu allem Überfluss auf Menschen trifft, die ihn töten wollen, ist Jim vollends überfordert. Die Erklärung bekommt er von ein paar Überlebenden. Ein Virus namens ?Wut? ist aus einem Labor ausgebrochen und treibt sein Unwesen in England, vielleicht auf dem ganzen Planeten. Er veranlasst die Infizierten dazu, sofort andere Menschen töten und essen zu wollen.

Was sich jetzt schon völlig unglaubwürdig anhört, bekommt im weiteren Verlauf des Films noch einiges an unfreiwillig komischen Ideen hinzugefügt. Die Gruppe der nicht Infizierten macht sich auf zu einem Militärstützpunkt, an dem sich angeblich ebenfalls noch einige Gesunde gegen den Virus zu wehren wissen. Als sie dort ankommen, wird schnell klar, dass der größte Schock noch bevorsteht: Die aufs Überleben getrimmten Soldaten leben in einer Welt mit eigenen Regeln und erweisen sich bald als gefährlicher als alle Infizierten zusammen. Natürlich schaffen die Protagonisten es, die durchgeknallten Soldaten zu überwältigen und vom Stützpunkt zu fliehen. Sie schaffen es sogar, ein Haus in einer abgeschiedenen Gegend zu finden und dort auf Hilfe zu warten, die am Ende des Films in Form eines Flugzeugs auch naht.28 Days Later ist ein höchst unangenehmer Endzeitfilm, der leider ohne jegliche Selbstironie daherkommt, wie man sie von anderen Filmen des Genres kennt. Es ist eine völlig abstruse Story, die zudem sehr stümperhaft und vorhersehbar umgesetzt wurde.(Lina Dinkla)Mystic River
(USA 2003, Regie: Clint Eastwood)

Der große alte Mann des amerikanischen Kinos bleibt sich treu, soviel steht fest. Anders als bei vorangegangen Regiearbeiten des Ausnahmeschauspielers Clint Eastwood aber nimmt die interessierte Außenwelt nur wenig Notiz von seiner neuerlichen Arbeit am Mythos des ewig unverstandenen Outlaw. In seinem aktuellen Film „Mystic River“ sind es gleich drei Außenseiter, die, durch eine Kinderfreundschaft verbunden, nach über zwanzig Jahren wieder mit sich und ihren mehr oder weniger gescheiterten Lebensentwürfen konfrontiert werden.

Jimmy Markum (Sean Penn), Dave Boyle (Tim Robbins) und Sean Devins (Kevin Bacon) waren in kindlicher Freundschaft einander zugetan bis zu dem Tag, als Dave von zwei Unbekannten in ein Auto gezerrt, tagelang missbraucht und schließlich verstört in den Alltag des beschaulichen Arbeitervororts von Boston entlassen wird. Als Jahre später Jimmy Markums Tochter einem brutalen Mord zum Opfer fällt, kreuzen sich die Wege der drei Männer unfreiwillig wieder. Sean Devine leitet als Polizist die Ermittlungen vor Ort, und während der kleinkriminelle Jimmy blutige Rache schwört, gerät alsbald der etwas sonderliche Dave ins Visier der Polizei, scheint er doch das Profil des gestörten Triebtäters voll und ganz zu erfüllen.

So weit, so archaisch. Im ruhigen Fluß der Bilder, nur gestört durch die eindrucksvollen Ausbrüche Sean Penns, zieht der Film dahin, erzählt wie nebenbei von der Einsamkeit der drei Männer, die sich unvermittelt in die Erfahrungswelt ihrer Kindheit zurückgeworfen fühlen. Als sich der Schleier lüftet, ist Daves Unschuld bewiesen, und doch treibt er zu diesem Zeitpunkt bereits tot im titelgebenden Fluß, gerichtet von Jimmy und seinen Handlangern. Sean weiß um die Schuld Jimmys und lässt ihn doch laufen, ist letzterer doch ohnehin gezeichnet vom unsteten Leben und der Verzweiflung über seine sinnlose Tat.

Der karthatische Effekt am Schluß aber, die sinnlose Tötung als Akt scheinbarer Versöhnung, lässt in „Mystic River“ die Eindringlichkeit vermissen, die in anderen Arbeiten Eastwoods wie „Unforgiven“ oder zuletzt „Bloodwork“ so traditionell brutal und doch zutiefst menschlich daher kam. Der Film ist nahezu ideal besetzt, und doch sticht lediglich Sean Penn aus der Phalanx der Großen mit einer lebensnahen performance heraus. Vieles bleibt hier berechenbares Stückwerk, menschlicher Lebenskonflikt ins beinahe Unerträgliche verlängert. „Maßlos überschätzt“ urteilt ein Eastwood-Fan über den Film in der „Internet Movie Database“. Der Regisseur unterschätzt die Sprengkraft seines Drehbuchs und versucht sie künstlich zu überhöhen. Ein missratener Film, der bereits jetzt gnadenlos auf Oscar-Kurs steuert. Das macht ihn nicht besser.(Roland Leithäuser)

(Bilder: Die Invasion der Barbaren, Japón, Swimming Pool, City of God.
Quelle: Verleih)

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