Andrej Swjaginzews großartiger Film „the return – die Rückkehr” (Julie Kaiser)

the return – Die Rückkehr

Russland 2003, 106 Min
Regie: Andrej Swjaginzew
Drehbuch: Wladimir Moisejenko, Alexander Nowotozkij
Darsteller: Wladimir Garin, Iwan Dobronrawow, Konstantin Lawronjenko
naTo, 30. Mai 2004

(Bilder: Movienet Film)Cineastische Feinkost in der naTo
Die Rückkehr – eine russisches Filmerlebnis

Wie der Titel schon sagt, geht es um Rückkehr, genauer gesagt, um das Auftauchen des Vaters aus heiterem Himmel nach einem Jahrzehnt Abwesenheit. Die siebentägige Reise des Andrej und seines jüngeren Bruders Iwan mit, aber vor allem zu ihrem Vater wird in sieben Episoden erzählt. Der Vater bleibt sowohl den Söhnen als auch dem Zuschauer rätselhaft, es liegt im Dunkeln woher er kommt und weshalb er zurückkehrt. Besonders der jüngere Bruder Iwan, wundervoll gespielt von Iwan Dobronrawow, stellt den Vater und dessen Autorität immer wieder in Frage. Der Vater ist ihm fremd und hätte auch getrost bleiben können wo der Pfeffer wächst. Im Gegensatz dazu steht das Verhalten des älteren, Andrej, der versucht den Ansprüchen des Vaters gerecht zu werden und dessen herbe Art bewundert. Der wortkarge Vater stellt die beiden Söhne immer wieder vor neue Herausförderungen, kommandiert sie mürrisch herum und drillt sie. Da wundert es nicht, dass diese Begegnung nicht ohne Reibereien abläuft. Im Laufe der Reise auf eine mystische Insel, scheint dennoch gelegentlich ein mildes Lächeln über das raue Gesicht des Vaters zu huschen.

Nie wurde Tohuwabohu atemberaubender fotografiert

Der Film ist karg, aber stimmig ausgestattet. Als Kulisse für das existenzielle Vater-Sohn-Drama dient die raue Landschaft Nordrusslands. Die weite, schlichte Landschaft lässt den Charakteren viel Raum sich auszuprägen. So bleibt die zur Schau getragene Verweigerung Iwans mit Schmollmund und trotzendem Blick im Gedächtnis. Als der Vater Iwan irgendwann entnervt im wahrsten Sinne des Wortes im Regen stehen lässt, wird eine weitere Vorliebe des Regisseurs offenbar: lange, ruhende Kameraeinstellungen. Der Blick des Zuschauers muss eine Ewigkeit mit Iwan bei sintflutartigem Regen im Nirgendwo warten. Überhaupt prasselt von Episode zu Episode mehr Regen auf die dunklen, trüben Gewässern und die dichten Wäldern herab. Das dumpfe, monotone Klatschen der Regentropfen trägt maßgeblich zur Stimmung des Films bei, dessen Ton sich ansonsten auf dezente sphärische Klänge beschränkt. Das Minimalistische der Sprache und Musik erschaffen ebenso wie die ruhigen Bilder Nähe und Atmosphäre. Gemäldeähnliche Aufnahmen des schlafenden Vaters und scheinbar schief fotografierte Landschaften wirken wie eine Liebeserklärung an Fotografie und Malerei.

Vom Fischen

Das Thema des Fischens zieht sich durch den gesamten Film. Jesus Worte zu den beiden ersten Jüngern wurde in Die Rückkehr genial umgesetzt: „Folgt mir nach! Ich will euch zu Menschenfischern machen!“ Wie das biblische Brüderpaar Anders und Simon angeln die beiden Jungen nicht mehr nur Fische, sondern der Zuschauer selbst hängt am Haken. In der schlichten Geschichte über eine Reise vom Vater mit seinen Söhnen spiegeln sich immer wieder Symbole und Parallelen zur biblischen Mythologie. Dieser erste Spielfilm von Regisseur Andrej Swjaginzew lässt viel Platz für Interpretationen. Wie in Joseph Roths Hiob schwingen biblischen Motive mit, drängen sich aber nicht auf, denn alles wird nur zart angedeutet. Die Rückkehr gewann weltweit zahlreiche Filmpreise darunter auch den Goldenen Löwen in Venedig 2003. Der letzte russische Film, dem das gelang, war Tarkowskijs Iwans Kindheit vor nunmehr 40 Jahren.(Julie Kaiser)

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