Buchempfehlung: Funny van Dannens Kurzgeschichten (Friederike Haupt)

Funny van Dannen:
Neues von Gott
Verlag Antje Kunstmann
159 Seiten, EUR 14, 90


Zwischen Schwachsinn und Starkstrom
Funny van Dannen hat mutiger Weise ein lustiges Buch geschrieben

Mal ehrlich: Inzwischen muss man sich ja fast schon dafür entschuldigen, dass man was zu lachen hat, wenn man denn was zu lachen hat. Während im Ausland wahrscheinlich hinter vorgehaltener Hand schon von „The German Jammer“ gesprochen wird, ist hierzulande kein Ende der Hartz-Maut-Steuerreform-Kulturniedergang-Mistwetter-Klagen (Reihenfolge beliebig und endlos erweiterbar) abzusehen. Wer sich nicht beschwert, macht sich des unverdienten Wohlbefindens verdächtig, und wer sich zu leise beschwert, auch. Am schwersten haben es natürlich diejenigen, die sich über das Jammern beschweren: „Die fetten Jahre sind vorbei“, wird ihnen im Kino und – der Zeitgeist lässt grüßen – auf den Wahlplakaten der FDP entgegengehalten. Wenn man überhaupt noch irgend etwas sein darf, dann zynisch.

„Lachen ist der billigere Preis, den wir für eine minderwertige Unterhaltung entrichten, nämlich für Humor“, wird der Autor Ambrose Bierce im Nachwort seiner Zyniker-Fibel Des Teufels Wörterbuch zitiert, und weiter: „Humor ist tolerant, sanft; sein Spott streichelt; Witz sticht zu, bittet um Vergebung – und dreht die Waffe dann noch einmal in der Wunde. Humor ist süßer Wein, Witz trockener; wir wissen, welchen der Kenner vorzieht.“ Und da sich auch heute noch die meisten für Kenner halten, ist Humor eben out und möglichst böser, vernichtender Alles-oder-Nichts-Witz in. Dass dieser oft anstrengend ist und bemüht wirkt, ist dabei egal – Hauptsache, es wird nicht gelacht. Maximal ein abgeklärtes Kopfnicken ist gestattet und ein Spruch wie: „Respekt – da sagt einer, wie’s ist.“

Einer, der nicht sagt, wie’s ist, sondern wie’s bestimmt niemals sein wird oder höchstens früher mal war, ist Funny van Dannen. „Nur weil einer sich Funny nennt, ist er noch lange nicht lustig“, werden die Nörgler nörgeln, aber die Nörgler sind letztendlich auch egal. Das neue Buch von Funny van Dannen heißt Neues von Gott, und es befinden sich darin auf 159 Seiten 41 ziemlich kurze Kurzgeschichten. Das Cover hat der Autor, der auch Lieder schreibt und singt – aktuelle CD: Herzscheiße – selbst gestaltet, und es zeigt sich daran, dass er auch das kann. Doch noch besser kann er belanglose Geschichten schreiben, die schon gut anfangen.

„Gestern ruft der Bundeskanzler an. Er will bei uns im Garten zelten.“, beginnt eine, und eine andere: „In den ersten neun Monaten seines Lebens hatte Kevin Degaulle ein sogenanntes Uterus-Studium absolviert, und als er geboren wurde, konnte er bereits sprechen, schreiben, lesen und rechnen.“ Wer auf Pointen wartet, wird hier enttäuscht. Den Sinn, sofern überhaupt vorhanden, hat der Autor in Nebensätzen versteckt, und es sind nicht gerade die zitierfähigsten Sequenzen, mit denen Funny van Dannen um sich wirft. Oft werden kleine, banale Wahrheiten mit völlig abstrusen, aber ziemlich sympathischen Ideen – und vielen Ausrufezeichen – kombiniert:
„Einmal flog ein Staubsauger um die halbe Welt, um eine Staubsaugerin kennen zu lernen. Vergebens! Die Steine sagten: Gib’s auf! Es gibt keine Staubsaugerinnen! Du darfst vom Leben nicht mehr verlangen, als es dir zu bieten hat!“ oder „Wir saßen bei Tobias‘ Mutter in der Küche und wussten nichts mit uns anzufangen. So ein grauer Regentag! Habt ihr die Depeche-Mode-Platten schon alle durchgehört?, fragte die alte Frau. Wir nickten stumm.“

Ein bisschen wie Helge Schneider ist Funny van Dannen. Man mag seinen Stil oder man mag ihn eben nicht; in ersterem Fall hat man viel zu lachen beim Lesen. Es sind Bilder, Sprüche, Alltäglichkeiten, die einem hier vorgesetzt werden, deren Besonderheit darin liegt, dass sie in einen völlig absurden Kontext gestellt werden. „Zwischen Schwachsinn und Starkstrom“ siedelt eine Figur in der Geschichte Mein liebstes Hobby die Musik ihres Gatten an, und das kann man genau so gut von der Literatur Funny van Dannens behaupten.

Und was die Frage nach der Berechtigung des Humors betrifft, findet man auch auf diese in dem Büchlein Neues von Gott die passende Antwort. Die Geschichte Mit Gefühl durch den Winter endet so: „Tja, sprach die Lehrerin zum Hausmeister, ich hoffe, Sie haben Humor! Humor?, brüllte der Hausmeister. Humor ist was für Subalterne! Er warf die Tür hinter sich zu. Ich dachte: Wow, was hat denn der für Wörter drauf?! Da fragten auch schon andere: Was heißt denn subaltern, Frau Lehrerin? Sie sagte: Ach, das sag ich euch morgen vielleicht. Ihr müsst noch nicht alles wissen.“

(Friederike Haupt)

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