„Das ist ein Künstler, von dem auch der Kanzler angetan ist.“

Ausstellungseröffnung mit Kanzlerbesuch: Bernhard Heisigs Die Wut der Bilder

Bernhard Heisig ist einer der bedeutendsten deutschen Künstler der Gegenwart. Das ist der Grund, warum Bundeskanzler Gerhard Schröder die Eröffnung der Ausstellung Bernhard Heisig – Die Wut der Bilder im Museum der Bildenden Künste in Leipzig vornahm. Entgegen der naheliegenden Annahme, der Bundeskanzler wolle nur kurzfristig die Aufmerksamkeit von seiner gerade in den letzten Tagen nicht unumstrittenen „Politik“ ablenken, ist das Verhältnis von Gerhard Schröder gerade zur dynamisch-expressiven gegenständlichen und nicht gegenständlichen Kunst nicht auf Kurzfristigkeit angelegt. Schon vor Jahren konnte man von einem befreundeten Galeristen über den ein oder anderen Künstler vernehmen, daß es sich um einen Künstler handele, von dem auch der Kanzler angetan sei.

Allerdings handelt es sich bei Bernhard Heisig um einen Künstler, der die deutsche Geschichte und die eigene Rolle darin schonungslos reflektiert, der in der Verarbeitung des eigenen Erlebten eine politische Konnotation an den Tag legt. Diese Konnotation auf die künstlerische Propaganda der DDR reduzieren zu wollen – deren Nationalpreis Heisig 1978 erhielt -, greift erheblich zu kurz.

Geboren 1925 in der damals deutschen Metropole Breslau begann Heisig 1941 eine Ausbildung zum Gebrauchsgraphiker, um sich nur ein Jahr später freiwillig zur SS-Panzerdivision „Hitlerjugend“ zu melden. Als Angehöriger der Waffen-SS war er im Frühjahr 1945 an der Verteidigung der „Festung Breslau“ beteiligt. Von Februar bis Mai 1945 kamen hier 80.000 Zivilisten ums Leben. Heisig geriet in sowjetische Kriegsgefangenschaft. Im folgenden Jahr wurde er als Grafiker im Amt für Information und Propaganda beschäftigt – nun hieß die Stadt Wroc?aw. Über Zeitz und Gera fand er 1948 an die FS für angewandte Kunst, später an die HS für Grafik und Buchkunst in Leipzig. In den folgenden Jahren wechselten sich Phasen als freischaffender Künstler und Lehr- und Verwaltungstätigkeiten mit politischen Ämtern ab. In den 50er Jahren beschäftigte Heisig sich künstlerisch mit der Revolution von 1848 und mit der Pariser Kommune von 1871. Er lieferte Illustrationen zum Roman Krieg (von 1928) von Ludwig Renn (eigentlich Arnold Friedrich Vieth von Golßenau), später zu Werken von Johannes R. Becher, Bertolt Brecht und Johann Jakob Christoffel von Grimmelshausen. In den 60er Jahren fanden die eigenen Kriegserlebnisse ihren Niederschlag im Werk Heisigs: in sogenannten Simultanbildern zog er verschiedene Ereignisse zusammen, verschränkte Gegenstände und Personen, zeigte die militärischen und faschistischen Insignien in ihrer Auflösung, Wahn und Untergang. Der schonungslose Blick Heisigs auf die eigene Biographie und die Geschichte Deutschlands wecke Emotionen, wie der Kanzler kommentierte.

Zusammen mit Werner Tübke und Wolfgang Mattheuer hat Heisig in den 60er Jahren die „Leipziger Schule“ begründet. Die Auseinandersetzung mit seinem Werk führt, so darf man hoffen, auch zu mehr Aufmerksamkeit für diese beiden Weggefährten, die in der Bundesrepublik keine vergleichbare Würdigung erhielten.

Bernhard Heisig – Die Wut der Bilder
Museum der Bildenden Künste, Leipzig
20. März – 29. Mai 2005
Ausstellungseröffnung, 20. März 2005

Bild: Bernhard Heisig:
„Meine Mutter vor brennender Stadt“, 1976
© VG Bild-Kunst, Bonn 2005

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