An alle Erasmus-Studenten: „L\’Auberge Espagnole 2” ist da! (Joanna Hengstenberg)

L´Auberge Espagnole – Wiedersehen in St. Petersburg
(Les Poupées russes)
F 2005, 125 Min.
Regie + Drehbuch: Cédric Klapisch
Darsteller: Romain Duris, Kelly Reilly, Audrey Tautou, Cécile de France
Kinostart: 3. November 2005

Fotos: Tobis
Leicht unterkühlter
Emotions-Wirrwarr in WeltstädtenEin Wiedersehen in St. Petersburg verspricht der deutsche Titel der Fortsetzung von L’Auberge Espagnole – Barcelona für ein Jahr, dem französischen Überraschungshit aus dem Jahr 2002. Soll heißen: Ein Wiedersehen der Mitglieder der salad bowl‘-WG von damals. Aber dieses nimmt tatsächlich nur wenige Minuten in Anspruch und hat es nun nicht gerade in sich, wie es der Pressetext in vollmundigem Promotion-Elan verkündet.

Der Rest der insgesamt recht komischen und unterhaltsamen, aber etwas zu langwierig geratenen 125 Minuten widmet sich vor allem dem Schriftstellerdasein und Liebesleben des nun 30-jährigen Xavier (Roman Duris, derzeit auch in Der wilde Schlag meines Herzens zu sehen), der orientierungslos zwischen ziellosen Selbstverwirklichungswünschen und Klischee beladenen Telenovela-Drehbüchern, der Sehnsucht nach ?der Richtigen‘ und gefühllosen Liebeleien hin- und herpendelt. Xaviers mentalem Zustand entsprechen dabei die besonders zu Anfang des Films etwas nervösen, in Videoclipmanier auf die Leinwand geworfenen Bilder und die in Raum und Zeit hüpfende Story.

In Paris wohnt Xavier beim lesbischen Partygirl Isabelle (Cécile de France) und pflegt Kontakt zu seiner Ex Martine (Audrey Tautou), die inzwischen einen bezaubernden kleinen Sohn hat, aber wie (fast) alle anderen vom amourösen Pech verfolgt ist. Damit die Barcelona-Crew auch wirklich einen Anlass hat, sich in St. Petersburg wieder zu treffen, taucht William (Kevin Bishop) – der Bruder von Xaviers damaliger WG-Kumpanin Wendy (Kelly Reilly) – mit einer Liebesgeschichte im Backpack auf, die jede ersponnene TV-Schmonzette toppt und ihn an der Seite eines russischen Ballettprinzesschens unter die Haube bringen wird. Doch vorher arrangiert er noch eine Zusammenarbeit zwischen Wendy und Xavier in London?. Les Poupées Russes (Die russischen Puppen), der Originaltitel des Films, steht für Xaviers Erkenntnis, dass man erst einige Frauen ?knacken‘ muss, bevor man als letztes die wahre Liebe findet. Wahrscheinlich ist das der Grund, weshalb er sich zunächst nicht mit Wendys aufrichtiger Gunst begnügen mag und nebenbei noch ein kühles Model abschleppt.

Ziemlich cool und reserviert bleiben leider auch die Gefühle zwischen den Protagonisten des Wer-geht-und-schläft-mit-wem-Chaos; herzerwärmend sind dagegen die Auftritte von Xaviers in voller Würde gealterten Großvaters, der nicht müde wird, auf einer Verlobten zu insistieren, und die Szene, in der Martine – in Prinzessinnenrobe und vor Zauberwald-Kulissen – ihrem Kleinen erklärt, warum Mama statt des Mannes fürs Leben bereits vier (oder waren es sieben?!) Kurzzeit-Prinzen gefunden hat.

Paris, London, St. Petersburg, französische Lofts, britische Pubs und russisches Ballett – der Film ist wie ein Kurztrip durch die Metropolen und wartet mit einigen Fernweh weckenden Aufnahmen auf. Ein charmanter Lichtblick in der Figurenkonstellation ist Audrey Tautou, die wieder einmal umwerfend französisch und unter vollem Einsatz von Mimik und Gestik agiert – inklusive verdrehter Augen, zum verächtlichen „Pffft“ geformtem Schmollmund und in die Luft geworfener Arme. Da fühlt man sich tatsächlich an das dramatische Talent seiner französischen Austauschpartnerin aus der 11. Klasse erinnert und würde sich über ein Wiedersehen freuen. Aber nur über eines, das etwas mehr Herzlichkeit, Charme und Esprit mit sich bringt als dieser Film.(Joanna Hengstenberg)

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