Mit Schnauzer und Pornobrille – Pierce Brosnan in „Matador” (Tobias Prüwer)

„Matador“ – Mord und Margaritas
Regie: Richard Shepard
Darsteller: Pierce Brosnan, Greg Kinnear, Hope Davis u.a.
Länge: 97 Min.

Deutscher Starttermin: 20.04.2006

Bild: BuenaVista InternationalMit Schnauzer und Pornobrille – Pierce Brosnan in „Matador“

Was macht ein vom Burn-out-Syndrom gezeichneter Killer, der nach verpatztem Auftrag nun selbst auf der Abschussliste steht? Er erinnert sich an seinen besten Freund oder einen Freund oder wenigstens einen flüchtigen Bekannten und bittet diesen um Hilfe bei einem letzten Job. Mit „Matador“ kommt in trashigem Gewand ein irre cooler und sehr witziger Film daher, welcher das Thema der Berufsunfähigkeit von einer besonderen Seite aufrollt.

Julian Noble (Pierce Brosnan) ist ein Profikiller. Rustikaler Schnauzer und Pornobrille sind seine Markenzeichen. Ob Manila, Budapest oder Sydney – Julian operiert weltweit. Schon zwanzig Jahre im Geschäft wird er vorwiegend von der Wirtschaft gebucht, wenn zum Beispiel ein störrisches Aufsichtsratmitglied gegen eine geplante Fusion stimmt. Doch mit dem Erfolg ist plötzlich Essig, denn der Killer hat seine ruhige Hand verloren und selbst käuflicher Sex und Alkohol – Julians übliche Medikationen – helfen nicht mehr, des Killers Schlüsselqualifikation zurückzugewinnen. Nun sitzt der ehemals eiskalte Profi in einer Denver Vorstadt vor kitschiger Weihnachtsdeko und klagt sein Leid dem einzigen Menschen, den er hat: einem flüchtigen Bekannten. Dieser ist der Vertreter Danny Wright (Greg Kinnear), den er ein halbes Jahr zuvor an seinem einsamen Geburtstag in Mexiko City kennen gelernt hat. Wie zwei „normale“ Geschäftsleute auf Businesstour eben in irgendeiner Hotelbar aufeinandertreffen und über die Arbeit plaudern. Natürlich will Danny zuerst nicht an Julians Profession glauben, wird aber seiner Zweifel entledigt, als der Killer in einer Stierkampfarena vor seinen Augen einen fiktiven Anschlag inszeniert und das Matadorengewerbe mit seiner Arbeit vergleicht: Es geht darum, den Todesstoß präzise und ohne Nachsetzen auszuführen. Daraus erklärt sich der Filmtitel wie auch das Dilemma des Killers, der diese Fertigkeit anscheinend für immer verloren hat. Nach diesem Abend verliert man sich aus den Augen – bis zu jenem Weihnachtsabend, als Julian plötzlich in Dannys Heim auftaucht, und sich dieser nun in einer quasi-therapeutischen Rolle wiederfindet und einige Überzeugungsarbeit leisten muss, Julian zu überzeugen seinen momentanen Auftrag zu Ende zu bringen, um so sein Leben zu retten.

Wrack trifft auf spießigen Mittelschichtler – von dieser personellen Konstellation lebt „Matador“. Im reizvollen Spiel der beiden unterschiedlichen Charaktere begeistert besonders der ganz eigenwillig liebenswerte Julian. So überzeugend hat man Pierce Brosnan selten gesehen, der hier ganz anders als im Falle James Bonds oder Remington Steeles nicht den aalglatten Gentleman mimt. Besonders peinlich schön ist eine Szene in der er nur in Slip und Cowboystiefeln auf der Suche nach dem Pool durchs Hotel inklusive Restaurant tappt. Die Darstellung des einsamen Helden, der eben nicht heroisch ist, aber umso einsamer, ist gut gelungen. Und weil der Fokus ganz auf dem berufsunfähigen Julian ruht, stellt sich die Frage nach der Art von dessen Profession gar nicht. Trotz der eigentlich dem Action-Genre entstammenden Perspektive kommt „Matador“ ganz ohne große Spektakel wie wilde Verfolgungsjagden oder Schießereien und rasante Schnitte aus. Eher im Mittempo angesiedelt, wartet die asynchrone Erzählstruktur immer wieder mit kleinen Überraschungen auf. Dabei bestechen besonders die absurden Dialoge der Protagonisten. Die zumeist deftigen, in die Lendenregion zielenden Sprüche sind unverbraucht und treffen die Zuschauer daher aus dem Kalten heraus. Hoffentlich hat die deutsche Synchronisation dies zu übersetzen vermocht. Der eigenwillige Charme findet in der Filmästhetik – eine Art Siebziger Chic im Jetztzeithochglanz – seine Fortsetzung. Der Versuch, eine eigentlich reichlich simple Geschichte auszugestalten zu einer skurrilen Mixtur aus Thriller und Komödie hätte leicht ins Auge gehen können. Regisseur Richard Shepard ist dieser aber geglückt wie ein sauberer Blattschuss, den der Matador Julian einstmals so gekonnt beherrschte.(Tobias Prüwer)

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