Von Marionetten und virtual reality

Vom 5. bis 10. November zeigt das Festival Euro-Scene aktuelle Tanz- und Theaterproduktionen aus ganz Europa und lädt zum Diskurs ein

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„Am Königsweg“ eröffnet dieses Jahr die 29. Euro-Scene mit überlebensgroßen Puppen (Foto: Alexi Pelekanos)

Schon zum 29. Mal lädt das Tanz-und Theaterfestival Euro-Scene europäische Produktionen nach Leipzig ein. Ein großes Geschenk für alle, die gerne über den Tellerrand der hiesigen performativen Kunstszene hinausblicken. Unter der Leitung von Ann-Elisabeth Wolff kommen dieses Jahr unter der Überschrift „Parallelwelten“ zehn Gastspiele aus acht Ländern nach Leipzig und bespielen neben dem Schauspiel Leipzig auch das Lofft, die Schaubühne Lindenfels und das Theater der Jungen Welt.

Seit seiner Gründung in der Nachwendezeit durch Matthias Renner schafft es das kleine Festival mit seinen zwanzig Aufführungen an sechs Tagen ein Spektrum der europäischen Tanz- und Theaterszene abzubilden und durch ein Rahmenprogramm mit Diskussionen und Workshops aktuelle Ästhetiken zu diskutieren. Nicht nur Alain Platel prägt das Festival seit vielen Jahren wesentlich mit. Auch Jo Fabian, Derevo, SheShePop, die Socìetas Raffaello Sanzio, das Theater RambaZamba und Milo Rau waren hier schon zu Gast.

Eröffnung mit Elfriede-Jelinek-Stück

In diesem Jahr eröffnet „Am Königsweg“ von Elfriede Jelinek in der Inszenierung von Nikolaus Habjan das Festival. Die österreichische Erstaufführung am Landestheater Niederösterreich St. Pölten gibt mit überlebensgroßen Jelinekpuppen ganz einfach der Autorin das Wort. Ein sprachmächtiger Assoziationsreigen, der die Blindheit autokratischer Herrschaft in der Gegenwart mit dem Ödipusmythos und dem Persönlichen der Autorin verbindet. Wir können eine wortgewaltige Jelinekiade erwarten.

Nach dem 2017 eine Annäherung an „Das Triadische Ballett“ durch das Bayrischen Juniorballett München einen kunstgeschichtlich wertvollen Beitrag geleistet hat, wird nun zum 100. Bauhausjubiläum die Auseinandersetzung mit dem Werk von Oskar Schlemmer fortgeführt. Das „Lackballett“ wird vom Theater der Klänge Düsseldorf zur Aufführung gebracht. Ganz im Sinne von „Parallelwelten“ liegt aber ein Schwerpunkt auf dem zeitgenössischen Tanz.

Mono-Oper und virtuelle Realität

„Jessica and me“ ist ein Tanztheatersolo der Italienerin Christiana Morganti, die lange Zeit Tänzerin bei Pina Bausch war und sich hier an einem Selbstporträt jenseits der Ikone versucht. Der Schweizer Choreograf Gilles Jobin lädt mit „VR I“ die Zuschauer tatsächlich in eine virtuelle Realität ein. Mit Marjan Nečaks „Diary of a madman“, frei nach Gogol, lernen wir, was eine Mono-Oper ist und für das junge Publikum wird die Choreografin Émile Lalande mit „Pierre et le loup“ („Peter und der Wolf“) in die Schaubühne Lindenfels einziehen. Schließlich hat Angelin Preljocaj für die Euro-Scene drei seiner Choreografien in einer „Soirée Preljocaj“ neu arrangiert und wird mit diesem Stück den Abschluss des Festivals bilden.

Die vorletzte Euro-Scene der langjährigen Festivaldirektorin Ann-Elisabeth Wolff verspricht auf vielfältige Weise zu inspirieren und anzustecken. Ab 2021 wird Frau Wolff sich zurückziehen. Christian Watty wird die Festivalleitung dann übernehmen. Wir sind neugierig auf diese zwei letzten Jahre und die Weiterentwicklung des Programms danach.

29. Euro-Scene. Festival zeotgenössischen europäischen Theaters und Tanzes

5. bis 10. November 2019

Schaupsielhaus, Theater der Jungen Welt, Schaubühne u.a.

Mehr zum Programm unter euro-scene.de

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