Festlicher Auftakt

Die Eröffnung der Orgel-Saison mit Werken von Händel, David, Steinhäuser und Klose

Mit vier sehr unterschiedlichen Werken eröffnete Gewandhausorganist Michael Schönheit die neue Orgel-Saison. Unterstützt wurde er dabei vom Blechbläserensemble des Gewandhauses. Angesichts dieser Besetzung wundert es nicht, dass die ausgewählten Werke durchweg prächtig und von festlichem Charakter waren – jedes auf seine ganz spezielle Weise.

Zu Beginn stand eine Bearbeitung des Organisten Wolfgang Stockmeier, der Cembalostücke Georg Friedrich Händels zu einer Suite zusammenfügte und diese für Orgel und Blechbläserensemble orchestrierte. Dabei erwies Stockmeier sich als ein geschickter Arrangeur: So wirkt die Reihung von zusammengesuchten Einzelsätzen durchaus wie ein geschlossenes Werk, und das klangliche Verhältnis von Orgel und Bläsern ist meistens ansprechend ausbalanciert. Einen besonderen Akzent innerhalb dieser Reihe von recht konventionell gearbeiteten Sätzen setzte Schönheit im abschließenden Menuett, als er zeitweise das Glockenspiel hinzuschaltete, was zwar nicht recht in den bisherigen Ablauf passte, als Farbtupfer aber trotzdem zu gefallen wusste. Im Gegensatz zu den folgenden Werken konzertierten die Orgel und die (hervorragenden!) Bläser hier noch nahezu gleichberechtigt

Für das folgende Werk, Johann Nepomuk Davids „Introitus, Choral und Fuge über ein Thema von Anton Bruckner“ op. 25, wurde die Blechbläserfraktion auf ein Dutzend Musiker aufgestockt. Bevor man deren imposanten Klang zu hören bekam, gab die Orgel einen großen Introitus, der sich für Michael Schönheit als One-Man-Show erwies. Dissonant, farbig, vor allem aber virtuos ist dieser Teil, auf dessen dynamischem Höhepunkt ein verhaltener Bläserchoral einsetzt, wunderbar leise (und trotzdem sauber, danke für den Mut!) gespielt von den Bläsern. Die sich anschließende Fuge ist ein äußerst komplexes Stück Musik, das sich dem bloßen Hören kaum erschließt und eine kontrapunktische Verwirrung nach der anderen präsentiert, bis ein prachtvoller Schluss dem ein Ende setzt.

Carl Steinhäusers Choralfantasie über „Allein Gott in der Höh‘ sei Ehr“ besteht aus drei Teilen. Nach dem eröffnenden dreiteiligen Maestoso folgt ein langsamer, kunstvoll figurierter Satz für Orgel allein, bis ganz am Schluss der berühmte Choral in voller Pracht erstrahlt. Die in diesem Werk verwendeten Pauken tragen ihren Teil zum festlichen Charakter der Musik bei.

Friedrich Klose war ein glühender Bruckner-Verehrer. Als der Meister ihm ein privates Konzert gewährte, war der junge Klose so begeistert von Bruckners Improvisation, dass er das zugrunde liegende Thema später für eine eigene Komposition benutzte: „Präludium und Doppelfuge über eine Improvisation von Anton Bruckner“ (man beachte den Bezug zum zweiten Werk dieser Orgelstunde). Es handelt sich bei dieser Komposition um ein Werk für Orgel solo mit bläsergestütztem Choral zum Abschluss. Nach der sehr ausgedehnten Doppelfuge, bei deren Ausführung Schönheit schier Übermenschliches leistete, wirkte der Einsatz der Bläser irgendwie fehl am Platz, wie ein Kaninchen, das völlig unvermittelt aus dem Hut gezaubert wird. Wären die Bläser bereits vorher am musikalischen Geschehen beteiligt gewesen, wäre dieser Eindruck sicherlich nicht aufgekommen; so aber wirkte ihr Hinzutreten etwas unmotiviert.

Wohlverdienter Applaus belohnte die Musiker für ein interessantes Eröffnungskonzert, das zwar (wie immer bei Orgelmusik) nur wenig Publikum angelockt, diesem dafür aber eine gute Stunde hochkarätiger Musik geboten hatte.

Eröffnung der Orgel-Saison

Michael Schönheit, Orgel
Blechbläserensemble des Gewandhausorchesters

14. September 2002, Gewandhaus, Grosser Saal

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