Wilde Jagd mit Stolpersteinen

Ein französischer Zauber der Musik des MDR Sinfonieorchesters mit Werken u.a. von Berlioz, Massenet und Franck

Hector Berlioz schrieb eine ganze Reihe von Ouvertüren für Orchester; die meisten von ihnen werden hierzulande allerdings eher selten gespielt. Im heutigen Konzert mit fast ausschließlich französischer Musik erklang die Ouvertüre zu Shakespeares „König Lear“, ein Werk, das ganz offensichtlich den Ouvertüren Ludwig van Beethovens nachempfunden ist, ohne jedoch deren Prägnanz und Geschlossenheit zu erreichen. Dennoch: Berlioz‘ Ouvertüre ist interesssant instrumentiert (z. B. spielt die Pauke eine wesentliche Rolle) und setzt das zugrunde liegende Drama durch die Verwendung kontrastierender Themen für Lear auf der einen und Cordelia auf der anderen Seite musikalisch plausibel um.

Nach einer von Peter Rösel ebenso brillant wie einfühlsam gespielten Aufführung von Franz Schuberts „Wandererfantasie“ in der merkwürdigen und eigentlich unnötigen Orchesterfassung Franz Liszts, ging es zurück nach Frankreich, genauer gesagt zu Jules Massenet. Der Name dieses Komponisten wird vor allem mit der berühmten ?Meditation? aus seiner Oper „Thais“ in Verbindung gebracht, die auf keinem noch so billigen Klassik-Sampler fehlen darf. Massenet schrieb neben seinen vielen Opern aber auch eine stattliche Zahl an Werken für den Konzertsaal. Unter diesen nehmen die acht Orchestersuiten eine besondere Stellung ein. Zu hören gab es in diesem Konzert die Suite Nr. 3 mit dem Titel „Scénes dramatiques“, ein sehr ansprechendes Werk, das durch glanzvolle Orchestrierung und originelle Einfälle im Überfluss besticht. Besonders der zweite Satz, „Desdemonas Traum“, hinterließ einen bleibenden Eindruck.

Den Abschluss des Konzerts bildete Cesar Francks sinfonische Dichtung „Le chasseur maudit“ („Der wilde Jäger“). Entsprechend dem Sujet des Stückes geht es stellenweise richtig zur Sache: Wenn der Jäger am Ende von Furien gehetzt wird und auf ewig zum Jagen verdammt ist, bleibt kein Stein auf dem anderen. Leider war eben dieses generell auch im Orchester der Fall, das heute sehr schlecht aufgelegt war. Immer wieder holperte es durch das sinfonische Dickicht und geriet stellenweise gefährlich ins Stolpern. Besonders ärgerlich war, wie in der „Wandererfantasie“ die Orchestermusiker den exzellenten Peter Rösel in teilweise schwer erträglichem Maße übertönten. Dirigent Horst Neumann wirkte während des ganzen Abends kühl und professionell, manchmal fast unbeteiligt. Etwas mehr Antrieb von seiner Seite hätte dem Konzert sicherlich gut getan. So blieb es aber leider bei einer interessanten Konzeption, deren Umsetzung stark zu wünschen übrig ließ.

MDR Zauber der Musik IV

Hector Berlioz: Grande Ouverture du Roi Lear op. 4
Schubert/Liszt: Wandererfantasie (Orchesterfassung)
Jules Massenet: Sc?nes dramatiques
César Franck : Le chasseur maudit

MDR Sinfonieorchester
Peter Rösel, Klavier
Dirigent: Horst Neumann

26. Januar 2003, Gewandhaus, Großer Saal

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