Lust am Sammeln, Lust am Zeigen

Ausstellung: Barocke Sammellust. Die Sammlungen Schönborn-Buchheim und von Brukenthal im Haus der Kunst, München

Der Beginn systematischer Kunstsammlungen in Mitteleuropa lässt sich auf das 16. Jahrhundert datieren. Das 18. Jahrhundert legte den Grundstock für viele Kollektionen, die heute in den Museen zu sehen sind. Es war auch die Zeit, als begonnen wurde, die Bilderschätze aus dem Privatissimum der Residenzen zu holen, und den Augen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Das Haus der Kunst München zeigt nun zwei erhaltene „Privatkabinette“ des 18. Jahrhunderts, die bis heute fast unbekannt geblieben sind: die Sammlung Friedrich Karls von Schönborn und die Sammlung des Barons Samuel von Brukenthal.

Das Ende des Sozialismus brachte nicht nur einen fundamentalen politischen und sozialen Wandel in Osteuropa mit sich. Dadurch wurde auch der Blick auf eine Kulturlandschaft mit einzigartigen und bis dahin verborgenen Schätzen. Erst im März 2000 konnten Fachleute das Museum Brukenthal in Sibiu (ehemals Herrmannstadt) besuchen und die Sammlung in Augenschein nehmen. Deren eindrucksvollsten Stücke befinden sich seit 1945 im Bukarester Nationalmuseum und standen auch für die Ausstellung nicht zur Verfügung. Dazu gehören Meisterwerke von van Eyck, Memling, Brueghel, Jordaens und Antonella da Messina.

Ein undatiertes Porträt mit gebogener Nase und wulstigen Lippen zeigt den Sammler Brukenthal, fast despektierlich, ungeschönt. Aus Siebenbürgen stammend, hatte er sich bis zum Regierungsbeamten in Wien hochgearbeitet, bevor er als Präses des Guberniums wieder in seine Heimat zurückkehrte. Den Grundstein für seine Sammlung legte Brukenthal bereits 1759. Am Ende umfasste seine Kollektion fast 1200 Bilder und dazu noch Bücher, Stiche, Münzen und Mineralien. Entgegen den repräsentativen und dekorativen Neigungen vieler zeitgenössischer Sammler ordnete Brukenthal seine Sammlung bereits nach Schulen, verstand er seine Sammlungstätigkeit auch als pädagogische Aufgabe. Als seine Kollektion 1817 im Hermannstädter Palais dem Publikum zugänglich gemacht wurde, war es eine der ersten Museumsgründungen in Europa.

Bevor Friedrich Karl von Schönborn an das Bistum Würzburg entsandt wurde und der berühmten Residenz zu ihrer Vollendung verhalf, war er mehr als dreißig Jahre Reichsvizekanzler in Wien. In dieser Zeit sammelte er Gemälde, Fayencen, Waffen und Möbel, mit denen er seine beiden Palais und das Schloss Göllersdorf eindrucksvoll zu schmücken wusste. Die Sammlung war bis in die 1920er Jahre der Öffentlichkeit zugänglich, bevor sie aus konservatorischen Gründen geschlossen werden musste. Und schließlich aus dem Bewusstsein entschwand.

Die beiden Sammlungen haben dem Betrachter einiges zu bieten. Rubens „Satyr und Mädchen mit Früchtekorb“ ist darunter. Wie zwei ertappte Verschwörer, die ein Geheimnis teilen, schmunzeln der Gehörnte und das junge Mädchen. Ganz das Gegenteil dieser unbekümmerten Lebenslust ist Tizians „Ecce homo“. Mit schweren Augenlidern blickt die Christusfigur zur Seite, allein von einem kleinen Lichtkranz erleuchtet. Jacob Jordaens präsentiert mit seinen „Gaben des Meeres“ einen kulinarischen Speiseführer erster Güte. Mit seinen gewaltigen Ausmaßen (269cm x 377cm) war es eines der zentralen Stücke in der Schönborn’schen Galerie im Gartenpalais. Mit viel kleineren Formaten beschäftigte sich Frans Boels, der mit zwei Felslandschaft-Miniatiaturen vertreten ist. Das Blau der Berge lässt die Szenerie in beiden Bildern geheimnisvoll verzaubert anmuten. Celestis Zyklus zeigt die vier Jahreszeiten in einem durchgängig dunklen Farbton. Frühling und Sommer zeigt er als Frauengestalten, während im Herbst die Ernte eingefahren wird und im gelblichen Winterlicht die Menschen sich an einem Kartenspiel vergnügen. Da lässt Johann Liss ein Satyr bei einer Bauernfamilie auftauchen und Alessandro Magnasco in zwei Bildern das Böse und das Gute triumphieren. Geradezu beruhigend auf das Auge wirken Jan van Huysums Landschaftsbilder. Obwohl er nie den Süden Europas bereist hat, atmen seine Bilder doch italienisches Flair. Frans Francken zeigt schließlich, wie die Galerien von Brukenthal oder Schönborn einmal ausgesehen haben könnten. Bis unter die Decke reich behängte Wände, voll gestellte Tische und die bewundernd herumschreitenden Besucher. Eben die Lust am Sammeln und am Zeigen.

Ausstellung: Barocke Sammellust. Die Sammlungen Schönborn-Buchheim und von Brukenthal

bis 11. Mai, Haus der Kunst, München

Die beiden Kataloge kosten zusammen 55,- Euro.


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