Paris, Thüringen

Karl knipst: Das fotografische Werk Karl Lagerfelds wird in Apolda ausgestellt

Wissenswertes über Apolda: Zur Eröffnung der Ausstellung traf Karl Lagerfeld, Deutschlands einziger Modedesigner von Weltruf, in der Glockenstadt ein, die im Schillerjahr zwischen Jena und Weimar liegend, vom Nachruhm und den Touristenströmen so gar nichts abbekommt. Bis eben zu jenem Samstag im April, an dem Lagerfeld samt Entourage und versammelter Boulevardjournalistenschaft anreiste, um eine Ausstellung mit gut sechzig seiner fotografischen Arbeiten zu eröffnen und im Anschluss den „Apolda European Design Award 2005“ in Empfang zu nehmen.

Nun muss man diesen Preis nicht kennen und es darf bezweifelt werden, ob der große Karl die Reise nach Thüringen nur aufgrund einer solchen Auszeichnung auf sich genommen hätte. Es gibt jedoch einen besseren Grund, nach Apolda zu kommen und dort großformatige, auf Leinwand gezogene Fotos aus zwei Jahrzehnten auszustellen. Lagerfeld, seit jeher ein Wanderer zwischen Mode, bildender Kunst und Literatur, sieht seine Photographien in der Tradition Lyonel Feiningers, jenes Bauhaus-Protagonisten, der mit Dorfansichten aus dem Weimarer Land Weltruhm erlangte. So hat Lagerfeld einen ganzen Zyklus von Fotos aus dem Jahr 1997, „Hommage ? Feininger“ betitelt, berühmten Sujets der malerischen Werke Feiningers nachempfunden. Die „Zirkusbilder“ und ähnlich farbenfrohe Werke gibt es im ersten Stock des Kunsthauses Apolda – nachgestellt von Models – als überdimensionierte Fotografien zu bewundern. Untergebracht ist die gesamte Werkschau in einer alten Stadtvilla, das Innere nach modernen Gesichtspunkten lichtdurchflutet und somit kunstfreundlich renoviert.

Tatsächlich ist hier einiges los. Die Besucher reisen nicht nur aus dem benachbarten Weimar, Gera, Gotha an, sondern auch aus Berlin, Hannover, Frankfurt. Das gegenüber des Kunsthauses gelegene Glockenmuseum wird keines Blickes gewürdigt – dabei kann man hier erfahren, dass in Apolda der „Dicke Pitter“, die imposante Glocke des Kölner Doms, gegossen wurde. Aber alle kommen wegen Karl. Die netten Damen am Empfang bieten uns einen Kaffee an, wollen aber für eine ermäßigte Eintrittskarte immerhin 4,- Euro sehen. Da muss ja einiges geboten werden! Es stellt sich schnell Ernüchterung ein: Im Erdgeschoss sind, mit einer Ausnahme ohne erkennbare Struktur, Fotografien des Meisters aus zwei Jahrzehnten aufgehängt. Neben Prominentenbildern (Mick Jagger, Kate Moss mit Kind) wirken viele Aufnahmen zwar grell und expressiv, die Motive aber oft beliebig. Vieles erinnert sehr stark an Modefotografie à la „Vogue“.

Nur selten gelingt es Lagerfeld in seinen Bildern, Tiefe und Inhalt zu vermitteln. Die Ausnahme bildet ein Raum mit sieben Fotografien, „Phaeton 1-7“ betitelt. Die Arbeiten setzen sich mit Architektur und Design der „Gläsernen Manufaktur“ der Firma Volkswagen in Dresden auseinander. Die Bilder von Produktionsstätten und Karosserien üben eine kühl-industrielle Faszination auf den Besucher aus. So richtig die Entscheidung ist, ein solches Werk abgeschlossen zu präsentieren, so deplaziert wirkt die Anordnung in der Umgebung von drei Räumen, die allesamt fotografische Beliebigkeit präsentieren. Den Fehler wiederholen die Kuratoren bei der „Hommage à Feininger“ im ersten Stock. Werke dieser Schaffensphase gehen naht- und erläuterungslos in weitere Teile der allgemeinen Werkschau übrig. Alles so schön bunt hier – aber auch ein wenig zu chaotisch. Echte Lagerfeld-Fans wird das nicht abschrecken, den geneigten Fotografiebewunderer allerdings doch mit gemischten Gefühlen zurücklassen. Vielleicht doch noch einen Abstecher ins Glockenmuseum?

Karl Lagerfeld: Fotografien / Hommage à Feininger
Kunsthaus Apolda Avantgarde
23.4. – 12.6.2005
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 10-18 Uhr
www.kunsthausapolda.de
Der Katalog zur Ausstellung erscheint im Steidl Verlag, Göttingen.

Bilder: Die Drei und der rote Pfosten (© Karl Lagerfeld)
Vernissage der Ausstellung in Anwesenheit Lagerfelds (© Peter Eichler)

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