Abenteuer-Urlaub

Die Abrafaxe und „Der Drachengott“ sind erwartungsgemäß gut recherchiert – und nicht nur für Kinder interessant

Es sind nicht die Felsen, die den Lauf und den Charakter der Welt bestimmen, sondern die kleinen Steinchen und Körnchen.
B. Traven: Das Totenschiff

Die Abrafaxe machen Urlaub. In Übersee plant das Trio eine entspannte Zeit zu verbringen, auf einem indonesischen Eiland die Füße hochzulegen und sich dem touristischen Müßiggang hinzugeben. Mal wieder kommt alles anders als gedacht und sie verstricken sich in ein neues Abenteuer. Dieses Mal dreht es sich um den geheimnisvollen Drachengott.

Abrafaxe? Wer ist das denn? Nun, für die noch immer Unwissenden sei hier kurz erklärt: Die Abrafaxe sind drei mehr als aufgeweckte Kerle, die gut zehn Jahre das Mosaik, nicht das einzige, aber das Comic-Magazin der DDR, mit turbulenten Geschichten heimsuchten. Und auch nach dem Ende dieses Staates treiben sie es bunt weiter. 1976 als neue Helden die damals schon gestandenen Digedags ablösend, eroberte das Dreigespann aus dem mutig-hitzigen Abrax, dem tüftelnd-besonnenen Brabrax und dem kräuterkundig-esslustigen Califax das Heft, das seitdem monatlich von ihren Geschicken berichtet. Die drei Jungs, einem Ort unbestimmter Gegenwart entsprungen, reisen in unbekannter Mission durch Zeit und Raum, bestehen ständig neue Herausforderungen und stiften Gutes. Bis das nächste Zeittor sie in erneute Wirren stürzt. So haben sie sich bis vor kurzem im Reich der Kreuzfahrer herumgeschlagen und dort eher versehentlich den Templerorden ins Leben gerufen. Seit zwei Heften nun bewegen sie sich im spätmittelalterlichen Mansfelder Land und sind den mystischen Prophezeiungen der Nonne Mechthild auf der Spur.

Bei etablierten Comic-Reihen ist es üblich, regelmäßig eigenständige Albenauskopplungen herauszubringen. Diesen Usus hat sich auch das Mosaik zu eigen gemacht. Aus gutem Grund, denn dem Ostheftchenimage ist das Format schließlich längst entkommen. Im jüngsten von Andreas Schulze gestalteten Album um das Geheimnis in der Javasee, das sich eng am Mosaik-Zeichenstil anlehnt, sind die Abrafaxe als westliche Touristen unterwegs. Sie wollen ausspannen in Hotelzimmern mit Klimaanlage und sich dem Labsal des All-Inclusive-Service hingeben. Davon will selbstredend niemand lesen, weshalb auch hier das Schicksal dazwischen funkt. Dieses Mal ist es das Mädchen Linda. Sie entert den Kahn, der die Abrafaxa auf die verheißungsvolle Insel bringen sollte. Stattdessen stranden sie auf einem verwunschenen Eiland. Denn Linda sucht ihren verschollenen Vater, der als Kryptozoologe die Existenz eines mysteriösen Drachenwesens beweisen wollte. Die Expedition wider Willen nimmt für die Abrafaxe ihren Lauf. Sie müssen sich mit unfreundlichen Echsen herumschlagen, treffen wohl gesonnene InselbewohnerInnen, die das ruhige Leben lieben, und begegnen schließlich ihrer größten Herausforderung: Wie ist dem touristischen Massenbetrieb Einhalt zu gebieten?

Auch diese Auskopplung ist gut recherchiert. Was bei Disneys Dagobert Duck mit den Alben von Don Rosa eine großartige Ausnahme bildet, ist schließlich Standard für das Mosaik: Die möglichst genaue Wiedergabe der Ereignisse in der Handlung und der Orte in den Zeichnungen. Und obendrein wird viel Wissenswertes spielerisch in die Geschichten verpackt. So erfährt man vom Palmendieb, einem Land bewohnenden Krebs mit einer Bein-Spannweite bis zu einem Meter. Oder vom Babirusa, einem Hirscheber, dessen Oberkiefer-Zähne immer weiter wachsen und sich schließlich gar in den oberen Rüssel bohren können. Selbstverständlich kommen auch in diesem Band viele kleine, für das Mosaik so typische Anspielungen vor. So heißt das Boot, das die Abrafaxe auf ein Riff setzen, „Melville“, nach dem Erschaffer von Moby Dick. Und das verschollene Forscherschiff trägt mit „Ret Marut“ einen Alias-Namen des Pseudonyms B. Traven, der unter anderem Das Totenschiff veröffentlichte. Einmal mehr erweist sich also das Mosaik-Universum als äußerst lehrreich und auch dieser Band zeigt, dass die Geschichten um die Abrafaxe keine reine Kinderlektüre sind.

Andreas Schulze: Der Drachengott – Die Abrafaxe in der Javasee
Mosaik Steinchen für Steinchen Verlag
Berlin 2007
47 S. – 12,70 €
www.abrafaxe.de

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