Voller Saal beim Geburtstagskonzert

Schlagfertig: 25 Jahre Leipziger Schlagzeugensemble

Ein voller Saal heute gleich im doppelten Sinn: Auf dem Zuhörerpodest sind fast alle Plätze belegt, die verbleibende wohl gut zweihundert Quadratmeter große Fläche davor ist mit Schlagzeugen und Perkussionsinstrumenten nahezu vollgestellt, an die 80 Instrumente berichtet Moderatorin Allmuth Behrendt. Von der einstigen Stammbesetzung des in Berlin gegründeten Schlagzeugensembles ist heute nur noch Gerd Schenker dabei. Seit nunmehr 25 Jahren führt das Ensemble regelmäßig neue Literatur für Schlagzeug auf, dabei immer wieder und stets extremes Neuland betretend. Es hat sich ja irgendwie eingebürgert, dass Komponisten alles, was nicht alltäglich ist, in die Schlagzeugstimme schreiben – von der Vogelpfeife über Wasser und Sand, bis zu dem heutigen geräuschvollen Sägen von Kaminholz im letzten Stück. 25 Jahre sind eine lange Zeit und wenn man sich ein wenig umsieht, befinden sich Gerd Schenker, Stefan Stopora, Winfried Nitzsche, Sven Pauli und Thomas Winkler in bester Gesellschaft. Die Ardittis steuern nächstes Jahr ihr 35. Jubiläum an, das Ensemble Intercontemporain wurde vor 32 Jahren von Piere Boulez gegründet und das Ensemble Modern gibt es (erst) seit 1998.

Ein symbolträchtiges Programm erwartet die Zuhörer. Zu Beginn erklingt wie 1983 im Gründungskonzert Christfried Schmidts Kammermusik VI. Die damals schon beteiligten Komponisten Ralf Hoyer und Lothar Voigtländer sind mit neuen Stücken dabei, Friedrich Schenker widmet dem Ensemble seines Bruders gleich sein neuestes Stück: Otto, für Posaunen- und Schlagzeugquartett. Mit der Uraufführung des Schlagzeugquartetts von Diego Uzal wird schließlich auch die jüngere Generation in die Dramaturgie einbezogen. ALLE Komponisten sind heute anwesend, des Weiteren ehemalige Mitglieder des Ensembles, Weggefährten aus „alten Tagen“, als sich die Kompositionen nach den damals (rar) vorhandenen Instrumenten richten mussten, wie man nicht ohne Stolz berichtet. Die Komponisten und Musiker stammen weitgehend aus dem weiteren Umfeld von Leipzig, ein gutes Stück mitteldeutsche Musikgeschichte ist da heute zu hören und da passt es auch ganz gut, dass der Argentinier Diego Uzal seit langem in Weimar ansässig ist.

Das Programm wirkt nicht nur äußerst vielseitig, es klingt auch so. Mit viel Witz in den Gesten und konzentriert im Spiel, arbeiten sich die Musiker durch die komplexen Partituren. Diego Uzals Ins Innere kann man wohl am ehesten als eine Studie des Machbaren bezeichnen. Das grummelnde, murmelnde Ergebnis erinnert an Giacinto Scelsis Klangschöpfungen. Während wie in Zeitlupe ein Fünfertakt durchläuft, schnarzt die Posaune in den Flügel, Bogenhaare werden um Klaviersaiten gezogen, es wischen, streichen und schieben sich Gegenstände an Klangflächen entlang.

Die Posaunisten vom Modern-Bone-Quartett und die Chorsopranistin Kerstin Klein-Koyuncu kommen persönlich zum Gratulieren, spielen und singen mit: Zu Beginn Christfried Schmidts Kammermusik VI, das Wiegenlied des Ensembles. Lothar Voigtländers Don’t forget, sehr impressiv durch die scharfe Sopranstimme, Gerd Schenker agiert dabei als souveräner Dirigent. Ralf Hoyers Eisenbahnmusik Clock4train, ist dann doch sehr gewöhnungsbedürftig. Ein sehr heller rhythmischer Teppich wird immer wieder durch Trillerpfeifen attackiert, Texte werden durch die Trillerpfeifen gesprochen, am Ende auch noch Zuspielmusik, da wäre weniger mehr gewesen.

Friedrich Schenkers Otto beginnt klanggewaltig, Posaunen und Schlaginstrumente im dunklen Wettstreit. Modulierende und schnarzende Posaunen, Regenmacher, Windmaschine – Friedrich Schenkers Musik ist mit viel Witz gesetzt. Das Ende geht dann so: Säge schneidet Kaminholz, Hammer schlägt Sichel auf Amboss, Posaunisten reißen ihre Instrumentenzüge auseinander – Blub.

25 Jahre Leipziger Schlagzeugensemble

Christfried Schmidt: Schlagquartett, Kammermusik VI
Ralf Hoyer: clock4train für Vibraphon, Marimbaphon, Röhrenglocken und Glockenspiel
Diego Uzal: Innereien für vier Schlagzeuger, UA
Lothar Voigtländer: don’t forget für Stimme, vier Posaunen und vier Schlagzeuger
Friedrich Schenker: OTTO für vier Schlagzeuger und vier Posaunen, UA
Leipziger Schlagzeugensemble
Modern-Bone-Quartett
Vokalstimme: Kerstin Klein
Posaune: Friedrich Schenker

25. November 2008, MDR Klangkörper am Augustusplatz

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