Junger Leipziger Jazz überzeugt auf ganzer Linie

Das Quartett Change Request bei den 33. Leipziger Jazztagen

Die Leipziger Jazztage, die sich dieser Tage zum nunmehr 33. Mal jähren, erschließen sich zunehmend neue Spielstätten. Neben den großen Abenden im Leipziger Opernhaus und den Konzerten in der Moritzbastei und naTo, welche dem Besucher der vergangenen Jahre schon vertraut sein dürften, nutzten die Organisatoren nun erstmals auch das kleine Horns Erben als Veranstaltungsort. Die historische Weinstube gilt schon seit einiger Zeit als eine zentrale Adresse des hiesigen Jazzlebens, und auch das gestrige Konzert fand zugleich im Rahmen der von der Hochschule für Musik und Theater veranstalteten Reihe Stage Night statt und präsentierte mit der Gruppe Change Request fast ausschließlich gegenwärtige oder ehemalige Leipziger Jazzstudenten.

Äußerst vielgestaltig präsentierte sich das Quartett mit einem Programm, das nahezu vollständig aus Eigenkompositionen bestand. Diese suchten in ihrer stilistischen Breite zugleich immer auch den Ausgleich zwischen Lyrischem und Progressivem, zwischen Schlichtem und Komplexem. Selten blieb ein Titel starr in ein und demselben Duktus stehen, in dem er begann, sondern wechselte stets zwischen verschiedenen Teilen, ohne dabei aber den Gesamtzusammenhang aufzulösen. Rubato-Soli einzelner Instrumente folgten hier schlagartig auf rhythmisch stark akzentuierte Passagen, wie etwa bei den Titeln Tanzwurst und Autsch!, um sich von dort, langsam aufbauend, zum musikalischen Ausgangspunkt zurückzubewegen.

Besonders markant war der in vielen Kompositionen verstärkte Einsatz klangmalerischer Elemente, der sich schon im zweiten Stück des Abends, Laubsturm des Pianisten Sascha Stieler, zeigte: Das lyrische Thema von Saxophon und Bass, das teils unisono teils echoartig versetzt mit seinen absteigenden Intervallen den sachten Laubfall klanglich nachahmte, wich sukzessive einem sich in den Vordergrund drängenden Tremolo, mit dem der eigentliche Sturm seinen Einzug hielt. Ähnliches konnte das Publikum an der Doppelkomposition Märzlandschaft – Erträgliche Leichtigkeit des Seins nachvollziehen, die zwei Bilder der Vogtländer Malerin Regina Heinicke vertonte. Auch das sehr getragene Arrangement von Schuberts Wirtshaus bediente sich solch eingängiger klanglich-bildlicher Assoziationen.

Hinter dieser kompositorischen Vorgabe stand die eigentliche spielerisch-improvisatorische Leistung der Musiker keineswegs zurück. Der Saxophonist Antonio Luccacio, der im ersten Titel noch kurzzeitig mit der Stimmung seines Instruments rang, überzeugte in den meist virtuosen Improvisationen durch ein klares motivisches Spiel und hütete sich mit seinem glatten Ton, der nur dezent vom Vibrato Gebrauch machte, auch gekonnt davor, lyrische Passagen dramaturgisch zu überspannen. Gleiches gilt auch für die improvisatorische Leistung Sascha Stielers, der zudem mit geschickter Akkordarbeit und dem gezielten Wechsel zwischen Flügel und E-Piano nachhaltig das Klangbild prägte. Schlagzeuger Jan Roth bewies neben seiner solistischen Leistung hingegen vor allem als Begleiter ein außerordentliches Gespür für seine Mitspieler; mit beeindruckender Treffsicherheit sah er Schwerpunkte innerhalb ihrer Improvisationen voraus und übernahm rhythmische Akzente. Im harmonischen Zusammenspiel mit Matthias Eichhorn am Kontrabass, der sich außerhalb seiner Soli sehr kultiviert im Hintergrund hielt, entstand so ein äußerst fruchtbarer Boden, der vom jeweiligen Solisten auch fast immer sehr gelungen genutzt wurde.

Das für die Größe des Horns Erben äußerst zahlreich erschienene Publikum dankte nach anfänglicher Verhaltenheit schnell mit immer enthusiastischerem Applaus für diese beachtliche musikalische Leistung. Damit unterstreicht dieser Konzertabend noch einmal nachhaltig, dass jene Öffnung der Leipziger Jazztage, die sich seit mehreren Jahren immer nachhaltiger auf die junge Jazzszene vor Ort richtet, musikalisch durchaus berechtigt ist und zudem gefällt.

Change Request bei den 33. Leipziger Jazztage

Altsaxophon: Antonio Luccacio
Flügel, E-Piano: Sascha Stieler
Kontrabass: Matthias Eichhorn
Schlagzeug: Jan Roth
Horns Erben

25. August 2009

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