Drachen, Orks und fiese Spinnen

„There and back again“: Das Figurentheater Wilde&Vogel begleitet Bilbo Beutlin auf seinen Abenteuer durch den „Hobbit“

Fantasievoll und zart inszeniert (Foto: Heinrich Hesse)

Vielleicht ist es keine neue Geschichte, die den Zuschauern an diesem Abend im Lindenfels Westflügel präsentiert werden soll. Und doch ist es eine Geschichte, deren Zauber auch nach vielen Jahren längst nicht verloren gegangen ist. Fantasievoll und zart inszeniert das Figurentheater Wilde&Vogel in Zusammenarbeit mit dem Spieler Florian Feisel J.R.R. Tolkiens Der Hobbit. Schon im Dezember 2004 feierte es Premiere, und ist seither regelmäßig in Leipzig und anderen Städten zu sehen. Dabei erfreut es sich noch immer großer Beliebtheit, und tatsächlich sind es vor allem Erwachsene, die es in die alten Gemäuer des Westflügels lockt, wenngleich das Stück eines für Kinder ab acht Jahren ist.

Am Einlass werden sie begrüßt von zwei Männern, ganz eindeutig Hobbits, wenn auch etwas zu groß. Diese zwei Männer, die Figurenspieler Florian Feisel und Michael Vogel, sollen an diesem Abend eine Geschichte von Mut und Vertrauen erzählen, und den kleinen Hobbit Bilbo Beutlin auf seiner abenteuerlichen Reise begleiten. Dass die Geschichte bei den Zuschauern nicht ganz unbekannt ist, ist unschwer zu erkennen. Noch während der Platzsuche werden Rätsel an das Publikum gestellt, welche vor allem jene beantworten können, die das Buch gelesen haben. Spielerisch schaffen die beiden Männer so einen Übergang zum Stück, lockern die Atmosphäre und befinden sich alsbald in ihren verschiedenen Rollen.

Auf der Bühne liegt ein altes Fass. Ohne Boden und Deckel wird es zur Hobbithöhle, denn – wie all die Tolkien-Leser wissen werden – Hobbits leben nun mal in eben solchen Erdlöchern. Bilbo Beutlin ist da keine Ausnahme. Im Gegenteil: Er ist ein völlig normaler Hobbit der ganz und gar nicht an Abenteuern interessiert ist, bis eines Tages der Zauberer Gandalf bei ihm auftaucht, und so Bilbos große Reise unweigerlich beginnt. Diese Reise bringen die Figurenspieler mit unterschiedlichsten Mitteln auf die Bühne, wobei die Musikerin Charlotte Wilde ihren Instrumenten stimmungsvoll-sphärische Klänge entlockt, welche die Handlung mystisch untermalen.

(Fotos 1-3: Heinrich Hesse, 4: Charlotte Wilde)

Während der Aufführung befinden sich die Figurenspieler jederzeit auf der Bühne, ins Spiel auf eine Weise integriert, in der sie mit den Handlungen und Puppen selbst auf fabelhafte Art verschmolzen zu sein scheinen. Dieses Beisammensein, von Spielenden und Gespieltem, lässt die Figurenspieler für die Augen des Publikums unsichtbar werden – zumindest dann, wenn es beabsichtigt ist. Sitzt Bilbo in Form einer kleinen Handpuppe vor seiner Höhle und raucht Pfeife, oder bringt er auf seiner Reise so manche Bühnenwege hinter sich, dann wirkt Michael Vogel in diesen Szenerien keinesfalls störend. Immer wieder wechselt er zwischen seiner Erzählerrolle und der Figur Bilbo, und schafft dabei Übergänge, die nirgends anstoßen. Auch der Zauberer Gandalf, gespielt von Florian Feisel, scheint sich wie von allein zu bewegen, denn der Spieler kann sich geschickt hinter dem großen Tuch und der Maske, aus der die Figur besteht, verstecken.

Und überhaupt sind es die Details, die raffiniert erdachten und liebevoll umgesetzten Kleinigkeiten, die dem Stück seine ganz besondere Note verleihen und die Fantasie mehr beflügeln, denn vorgeben. Mit zarten Bewegungen und Gesten geleiten die Spieler die Figuren über die Bühne und lassen sie vom Auenland bis hin zum Einsamen Berg reisen, wo schon der Drache Smaug wartet. Einfache Mittel werden dabei originell eingesetzt, und so sind die dreizehn Zwerge, welche den Hobbit auf seiner Reise begleiten, mit nur einer einzigen Zipfelmütze dargestellt, die wiederum eine Zwergenmaske in sich verbirgt, welche bei Bedarf heraus gezaubert werden kann. Zauber ist dabei genau das richtige Wort. Mit feinen, gezielten Bewegungen hauchen die Spieler den Figuren Leben ein, welches den Zuschauer berührt und fasziniert. So scheint Bilbo eine ganz subtile Mimik zu haben und Smaug, der nur ein großes rotes Auge hinter dem Vorhang ist, wirkt übergroß und mächtig. Neben fiesen Orks, welche urplötzlich aus dem schwarzen Vorhang entstehen und sich lautstark bemerkbar machen, findet auch eine große Spinne ihren Platz in der Inszenierung. Die Spieler schaffen es beinahe unbemerkt, ein Spinnennetz zu spannen, in welchem sich das dicke Ungeheuer gen Zuschauerraum schnellen lassen kann.

Der Hobbit ist nicht nur die Umsetzung eines Kinderbuches, das zu keiner Zeit ausschließlich Kinder begeisterte, es ist ebenso wenig ein Stück, welches nur für Kinder gemacht ist. Auch Erwachsene werden mit der Inszenierung angesprochen, weil die zarten und geschickten Darstellungen sie in eine Zeit ihres Lebens versetzen, als Puppentheater noch faszinierte. Hier nun lebt der Zauber wieder auf.

Der Hobbit

Figurentheater Wilde&Vogel

Text & Regie: Christiane Zanger

Ausstattung & Spiel: Florian Feisel, Michael Vogel

Musik: Charlotte Wilde

5. Mai 2011, Lindenfels Westflügel

www.westfluegel.de

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