Morgens Fernsehgarten, abends Theaterfabrik

Jazz-Chanteuse Lisa Bassenge und ihre Band liefern in der Theaterfabrik fast nur Routine

Lisa Bassenge (Foto: x-act Eventmarketing)

Trotz des ausgesprochen miesen Wetters haben viele Leipziger in der Theaterfabrik Platz genommen. Wer durch so ein Wetter laufen muss, der freut sich auf ein Konzert, das all diese Hindernisse vergessen lässt. Zu Beginn das übliche Ritual, das sich für eine richtige Diva geziemt: Zuerst betritt die Band die Bühne und spielt – ein wenig wie bei einem Soundcheck – auf ihren Instrumenten herum. Als Bassenge im weißen Glitzerkleid und mit auftoupierter Mähne die Bühne betritt, wird schnell in den Rhythmus von „Über Eis“ gewechselt. Ein gut gewählter Opener. Nicht umsonst eröffnet dieses Lied auch Lisa Bassenges aktuelles Album Nur Fort. Danach geht es mit „In dieser Stadt“ von Hildegard Knef um einiges gediegener weiter. Lisa Bassenge konstatiert bei der zweiten Knef-Interpretation von „17 Millimeter“ im zweiten Set „Ich mag sie halt“, als ob man sich für eine Vorliebe für Hildegard Knef rechtfertigen müsste.

Die Highlights dieses Konzerts wurden größtenteils im ersten Set gespielt. Allem voran die äußerst schöne Coverversion von „Overload“, dem einzigen unvergessenen Hit der Sugababes. Hier kann Gitarrist Christian Kögel auftrumpfen und mit seinem spannungsgeladenen Gitarrenintro überzeugen. Den Rest des Abends gibt es leider nur standardisiertes Geklimper, wann immer Kögel ein Solo mit professionell verzerrtem Gitarrengesicht spielen darf. Ganz anders Christoph Adams am Klavier. Spiel und Auftreten wirken erfahren und abgeklärt. Die Soli sind unaufdringlich und elegant. Adams´ Leistung am Klavier sind mit Bassenges Gesang das Beste, was an diesem Sonntagabend dargeboten wird. Besonders bei der Interpretation von Rio Reisers „Junimond“, nur vom Klavier und Paul Kleber am Bass begleitet, harmonieren die Musiker ungemein.

Im zweiten Set gibt es viele Songs, bei denen sehr viel mehr möglich wäre, in Anbetracht dessen, was es in der ersten Hälfte zu hören gab. Vor allem „So weit, so weit“ die eingedeutschte Coverversion von Carole Kings „So far away“ ist auf CD um einiges dynamischer als die schleppende Version dieses Abends. Es gibt nur einen Titel, der in der zweiten Hälfte des Konzerts wirklich aufhorchen lässt: „Kosmetik“, im Original von Joachim Witt. Wenn das Quartett den ganzen Abend so gegroovt hätte, wäre man aus dem Schwärmen gar nicht mehr herausgekommen. Bassenges Gesang verbirgt dabei auch nicht die Schrägheit dieses Songs, nimmt ihr aber dankenswerterweise den Mief von schenkelklopfender Achtzigerjahre-Travestie.

Der ganze Abend wirkt letzten Endes sehr routiniert. Lustlos wäre hier das falsche Wort. Aber als Lisa Bassenge nach einem kurzen Versingen entschuldigend erzählt, dass sie schon seit vier Uhr morgens auf den Beinen sei, wird klar, dass ein gewisser Grad an Erschöpfung vorhanden ist. Immerhin galt es am Morgen noch einen Auftritt in Mainz beim ZDF-Fernsehgarten zu absolvieren. Schön, wenn es stilvolle deutschsprachige Musik bis in die publikumsträchtigsten Unterhaltungssendungen schafft, aber wieso muss dann die Qualität der Konzerte darunter leiden? Wäre es nicht möglich gewesen einen Termin zu finden, an dem ein etwas ausgeschlafeneres Konzert gespielt worden wäre? So lässt sich, trotz der Umstände, für die sicherlich eher die Organisatoren verantwortlich sind, eine gewisse Enttäuschung nicht verbergen.

Lisa Bassenge

11. September 2011, Theater-Fabrik-Sachsen

Das Album Nur Fort ist bei Minor Music erschienen


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