Der ewige Kampf

Die Jugendtheatergruppe der Kulturfabrik Leipzig bringt unter der Leitung von Susann Schreiber Ottfried Preußlers „Krabat“ auf die Bühne der Cammerspiele

Fotos: Hannes Fuhr

Das Bühnenbild lässt keine Zweifel offen: Wir befinden uns mitten in der alten Mühle am Koselbruch. Dickes, staubiges Gebälk nimmt die komplette Spielfläche ein und bildet so den Rahmen für die Geschichte, welche hier gezeigt werden soll. Und diese ist keine unbekannte: Um die sorbische Volkssage Krabat soll es an diesem Abend in den Cammerspielen gehen. Ihren Ursprung hat sie im 19. Jahrhundert und besteht seither in verschiedenen Formen und Abwandlungen. Die wohl bekannteste Fassung ist das Jugendbuch Krabat von Ottfried Preußler aus den 1970er Jahren. Mit den verschiedenen Versionen der Sage hat sich nun die Jugendtheatergruppe der Kulturfabrik Leipzig unter der Spielleitung von Susann Schreiber auseinandergesetzt, um ihr ganz eigenes Stück auf die Bühne zu bringen. Dieses präsentieren sie nun als Mischung zwischen Schauspiel, Gesang und technischer Visualisierung mit Hilfe einer Videokamera.

Doch zunächst einmal scheint es so, also hätten sich die jungen Leute im Kostüm geirrt: In Jeans und T-Shirt gekleidet betreten sie die Bühne und passen optisch so gar nicht in das verstaubt-hölzerne Bühnenbild. Doch dieser Kontrast scheint vergessen, als der tiefe Klang einer Bratsche einsetzt und zwei der Schauspieler ein Lied anstimmen, um die Geschichte beginnen zu lassen. Kleine Fehler, wie Texthänger, werden dabei souverän überlächelt. Hier schon wird der Hauptaspekt deutlich, den sich die Gruppe aus der Sage herausgezogen hat: die Liebesgeschichte zwischen dem Müllerburschen Krabat und dem Mädchen aus dem Dorf, welche als Kantorka traditionell die Ostergesänge anführt. Im Schnelldurchlauf wird die Geschichte daraufhin erzählt und gespielt, Mittel bedarf es dazu nicht viele. Durch ein Rotationsprinzip spielt jeder der sieben Darsteller mal Krabat, mal den dunklen Meister, welchem sich der Junge verdingt hat, mal Juro, den treuen Freund Krabats. Um dieses Wechselspiel kenntlich zu machen, benutzen die Jungendlichen auf der Bühne verschiedene Kostüme, welche sie sich schnell überziehen, um die Rollen zu definieren. So ist bald klar: Wer das Leinenhemd anzieht und sich die Kette umhängen lässt, ist Krabat. Mit dem Meister verhält es sich ähnlich: Ein schwarzer Mantel und eine Augenklappe verdeutlichen seine Gestalt.

Inhaltlich sind dem Zuschauer, welcher die alte Sage kennt, viele Szenen ein Begriff. Den Handlungen zu folgen, wenn man mit dem Stoff allerdings weniger vertraut ist, dürfte sich als schwieriger erweisen. Zwischen Szenen wie Krabats vergebliche Flucht aus der Mühle oder dem Zusammentreffen mit der Kantorka tauchen hin und wieder Fragen auf, die nicht beantwortet werden. Dennoch schreiten die Darsteller stetig voran in der Handlung, klettern über die Holzbalken, kneten Brotteig und schleppen schwere Getreidesäcke. Dass diese Säcke eigentlich leer sind, lassen sie sich dabei nicht anmerken und lassen die gespielte Anstrengung recht glaubhaft wirken.

Auch durch die ständige Rotation der Rollen nach jeder kleinen Szene bleibt Bewegung im Spiel, obwohl nicht immer ganz klar ist, warum diese Art der Darstellung gewählt wurde. Überhaupt merkt man dem Stück an, dass die Entstehung ein Prozess des Ausprobierens war. So lebt sich jeder Schauspieler in den Rollen auf seine Weise aus, was besonders bei der Darstellung des schwarzen Meisters deutlich wird: mal ein rachsüchtiger, garstiger Mann, mal ein überheblich wirkender Narzisst. Immer jedoch hat er auch ein gewisses Pathos inne, der übertrieben wirkt und die Rollenkonzeption so leider etwas plump hinstellt.

Während des ganzen Spiels werden die Szenen mit einer Videokamera verfolgt. Die gefilmten Szenen wiederum sind live auf zwei alten Röhrenfernsehern zu sehen, welche links und rechts am Bühnenrand platziert sind. Vor allem um die Nebenschauplätze geht es dabei. Sitz einer der Jugendlichen unter den Holzbalken versteckt und ist somit für das Publikum schlecht zu sehen, findet ihn der Kameramann und macht ihn somit sichtbar. Schwarz gekleidet schlecht er umher, der Einzige, der nicht an dem wilden Rollenwechsel teilnimmt. Er sieht aus als gehöre er gar nicht dazu, verschwindet durch die dunkle Kleidung gern aus dem Blickfeld. Doch sein drittes Auge, die Kamera, überträgt das Gespielte ständig und schafft somit auch ein Gefühl vom Beobachtetwerden.

In schnellen Schritten (über das Mühlengebälk) nähert sich die Theatergruppe dem Ende. Und dieses soll ein Glückliches sein. Sie haben sich für ihrer Adaption von Krabat das Ende ausgesucht, welches schon Ottfried Preußler für seinen Roman wählte: Der ewige Kampf zwischen Gut und Böse wird entschieden, Sieger ist die Liebe.

Krabat

R: Susann Schreiber

Mit: Lydia Gnauk, Susan Lohse, Paul Schwabe, Nikolas Stäudte, Susann Stamm, Max Stichel, Laura Wodke

Premiere: 29. November 2011, Cammerspiele Leipzig


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