Allens Anfang wohnt ein Zauber inne

Robert B. Weide hat es geschafft, Woody Allen zu einer Dokumentation seines bisherigen Lebens zu überreden. Entstanden ist eine unterhaltsame Werkschau

Trägt seit 50 Jahren dieselbe Brille und macht jedes Jahr einen neuen Film: Woody Allen (Bilder: Verleih)

Man kann sich nur auf wenige Dinge im Leben verlassen. Zum Beispiel: Es gibt jedes Jahr einen neuen Film von Woody Allen. Eine solche Konstanz erfordert viel Disziplin und einen genau durchgeplanten Arbeitsrhythmus. So sehen wir in Robert B. Weides Woody Allen: A Documentary, wie Allen die Zettelwirtschaft auf seinem Bett ordnet, Ideen filtert, Dinge aufschreibt. Wir beobachten einen unerbittlichen Arbeiter im Weinberg der Kinokunst.

Trotzdem kommt es einem Frevel gleich, Allens Werk auf seine rund 40 Filme zu reduzieren. Was ist mit seiner Arbeit als Kolumnist, Kurzgeschichtenautor, Dramatiker, Gagschreiber, Standup-Comedian? All das verschweigt Weides Doku keineswegs. Es ist nur schwer, diesem Multitalent in knapp zwei Stunden gerecht zu werden. Weide gibt sein Bestes und fängt im Urschleim von Allens Leben an, arbeitet sich durch dessen Kindheit und Jugend, in der er sich bereits mit dem Schreiben von Gags den Lebensunterhalt sichern kann. Gemeinsam mit Weide besichtigt Allen das Haus seiner Kindheit in Brooklyn, zeigt uns das Kino, dass ihm die Liebe zum Film näher gebracht hat. Als Zuschauer nutzt man gern die Gelegenheit und lauscht fasziniert dieser mittlerweile großväterlich wirkenden Ikone, die sich sonst eher schweigsam gibt und Interviews meidet.

Leider gelingt es dem Film nicht, das zu Anfang geweckte Interesse den ganzen Film hindurch zu halten. Sobald die erste Regiearbeit Take The Money And Run, auch bekannt als Woody, der Unglücksrabe, thematisiert wird, bekommt man schnell das Gefühl, Zuschauer einer aufwändig produzierten Rankingshow zu sein. Zwar werden den weiteren Filmen keine Hitparadenplätze zugewiesen, aber man muss nun auch nicht zu fast allen Regiearbeiten die Produzenten und Schauspieler zu Wort kommen lassen. Das ist erst recht ein Ärgernis, wenn öde Filmchen wie Schatten und Nebel relativ ausgiebig besprochen werden, dafür aber kleine Meisterwerke wie Alle sagen: I Love You komplett vernachlässigt werden.

Nichtsdestotrotz bleibt dieser Film sehenswert, zumal Allen sogar bereit ist, zum Skandal rund um die Affäre mit der Adoptivtochter seiner Ex-Frau Mia Farrow ein Statement abzugeben. Anfang der Neunziger löste Allens Liaison mit Soon-Yi Previn einen riesigen Skandal aus. Ob diese Hexenjagd seitens der amerikanischen Boulevardpresse einen Grund für die abnehmende Qualität seiner Filme in den 90ern war, sei dahingestellt. Völlig auszuschließen ist es nicht. Andere ehemalige Musen wie Diane Keaton (immer noch strahlend schön), Mariel Hemingway (merklich schönheitsoperiert) und Louise Lasser (in Würde gealtert) schwärmen jedenfalls weiterhin für den Mann, der seit 50 Jahren die gleiche Brille trägt.

Woody Allen: A Documentary ist ein unterhaltsamer Rundumblick zum Schaffen des amerikanischen Meisterregisseurs, der sowohl Neulingen wie langjährigen Fans gefallen wird. Dass der Film auch noch mit dem späten kommerziellen Triumph Midnight In Paris enden darf, ist ein schöner Zufall, der die Werkschau gekonnt abrundet. Allens nächster Spielfilm To Rome With Love steht auch schon in den Startlöchern und läuft voraussichtlich ab 9. August in den deutschen Kinos. Nach Barcelona, London und Paris verschlägt es Allen diesmal also nach Rom. Irgendwie ein schönes Bild: der ewige Regisseur in der ewigen Stadt.

Woody Allen: A Documentary

USA 2011, 113 Minuten

Regie: Robert B. Weide; Mitwirkende: Penélope Cruz, Sean Penn, Martin Scorsese, Leonard Maltin, Larry David, Scarlett Johansson

Kinostart: 5. Juli 2012


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