Welch schöne Kolportage

Sasha Grey hat mit „Die Juliette Society“ einen passablen, erotischen Unterhaltungsroman vorgelegt. Ein Schlag ins Gesicht aller Fans von „Shades of Grey“

Das Interessante an Sasha Grey ist ihre wohl einmalige Biographie: Mit 18 Jahren ins Pornogeschäft als Darstellerin ein- und 2011 nach fünf Jahren wieder ausgestiegen. Trotzdem ist ihr Name weiterhin in aller Munde, wenn es um Persönlichkeiten im Erwachsenenfilmgeschäft geht. Wie hat sie das gemacht? Liegt es an Greys Optik, die dem üblichen Klischee von Silikonbrüsten, Komplettrasur und aufgespritzten Lippen widerspricht? Oder ihrem offen und auch etwas eitel zur Schau gestellten Interesse für die Philosophie von Voltaire und die Filme von Jean-Luc Godard?

Vermutlich spielt beides eine Rolle für das nicht nachlassende Medienecho. Nun hat Sasha Grey mit Die Juliette Society ihren ersten Roman veröffentlicht und selbst die großen Feuilletons des deutschsprachigen Raums widmen sich dem Erstling, der in über 24 Sprachen weltweit auf den Markt gekommen ist. Nun sei aber eines direkt gesagt: Wenn Die Juliette Society nicht von Sasha Grey geschrieben worden wäre, krähte danach kein Hahn. Dafür ist die Geschichte um die junge Filmstudentin Catherine, die über eine Kommilitonin in den Sog eines freimaurerartigen Sex-Geheimbundes gerät, etwas zu durchschaubar konstruiert und stellenweise sprachlich zu dürftig geraten. Als intellektueller Überbau dienen der Geschichte einzig und allein Referenzen an die wichtigsten Werke der Filmgeschichte und ein paar pikante Details aus dem umfangreichen Werk des Marquis de Sade, das hin und wieder kursorisch erläutert wird. Womit auch eine eindeutige Schnittstelle zwischen der Autorin und ihrer Hauptfigur schnell ersichtlich ist.

Richtig in ihrem Element ist Sasha Grey dafür – dreimal darf man raten – bei den Sexszenen, in denen der Leserschaft peinliche Verniedlichungen und Neologismen erspart bleiben. Genau hier kann Sasha Grey aufzeigen, wieso E. L. James’ Soft-Sadomaso-Kuschelsex-Kitschkeule mit freier, ekstatischer Sexualität absolut nichts zu tun hat. Sasha Greys Romanheldin weiß, was sie im Leben und im Bett will und schenkt dem ganzen Quatsch rund um Mr. Right, der einem zeigt, wie der Hase läuft, keinerlei Glauben. Im Vergleich zu Shades of Grey ist Die Juliette Society damit fast schon ein feministisches Manifest.

Sasha Grey: Die Juliette Society

Heyne

München 2013

320 S. – 19,99 Euro


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