60. Biennale in Venedig

Tipp: In Venedig hat die Biennale begonnen. Das Kunstspektakel läuft bis 24. November.

Die 60. Internationale Kunstausstellung in Venedig trägt den Titel „Stranieri Ovunque – Foreigners Everywhere“. Der Titel leitet sich vom Namen eines Turiner Kollektivs ab, das Anfang der 2000er Jahre in Italien gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit kämpfte.  Es zeigt das Spektrum der diesjährigen Biennale: vom Diaspora-Aktivismus über den Gender-Ungehorsam bis hin zum Dekolonialismus im Globalen Süden, denn wo immer man ist, wird man auf „Ausländer“ stoßen. Ihre Allgegenwart macht eines klar: Der Reflektierende wird auf dieser Welt immer im Inneren ein Fremder sein, zumindest zeitweilig.

Das zeigt sich auch im Künstler-Verständnis: ob es die queere Künstlerin ist, die sich innerhalb verschiedener Sexualitäten und Geschlechter bewegt hat und oft verfolgt oder geächtet wird; ob es der Außenseiterkünstler ist, der sich am Rande der Kunstwelt befindet, ähnlich wie der Autodidakt, der Volkskünstler und der Artista popular; der einheimische Künstler, der in seinem eigenen Land häufig wie ein Fremder behandelt wird.

Aber ist es nicht gerade diese Distanz, die die Reflektion überhaupt möglich macht? Ohne Abstand keine Bezugnahme auf ein Objekt, auf Welt. Ohne Abständigkeit keine Möglichkeit des Unterscheidens und Vergleichens. Gleichwohl schwingt immer eine Sehnsucht nach Überwindung von Distanz mit, nach Heimat, Zugehörigkeit und ankommen. Dabei kann die Ausstellung auch eine Aufforderung zu Toleranz, Solidarität und Verständnis für das Andere und Deviante verstanden werden.

Die Ausstellung umfasst auch 88 nationale Beteiligungen in den historischen Pavillons in den Giardini, im Arsenale und im Stadtzentrum von Venedig. Vier Länder nehmen zum ersten Mal an der Biennale Arte teil: Republik Benin, Äthiopien, Vereinigte Republik Tansania, Demokratische Republik Timor-Leste. Nicaragua, die Republik Panama und Senegal nehmen zum ersten Mal mit einem eigenen Pavillon teil.

Die Goldenen Löwen für das Lebenswerk werden an die brasilianische Künstlerin Anna Maria Maiolino und den türkischen Künstler Nil Yalter während der Preisverleihung und Eröffnungszeremonie der Biennale Arte 2024 verliehen, die in Ca‘ Giustinian, dem Sitz der Biennale di Venezia, stattfinden wird.

Es finden zudem 30 begleitende Veranstaltungen statt, die von gemeinnützigen nationalen und internationalen Einrichtungen und Institutionen gefördert werden. Sie bieten ein breites Spektrum an Beiträgen und Partizipationen, die die Vielfalt der Stimmen, die die Ausstellung auszeichnet, bereichern. Das gilt um so mehr für junge Besucher.

Im Jahr 2021 startete La Biennale di Venezia den Plan, alle ihre Aktivitäten nach anerkannten und konsolidierten Prinzipien ökologischer Nachhaltigkeit zu überdenken. Das bedeutet insbesondere, über die Themen Dekolonialisierung und Dekarbonisierung zu reflektieren. Für das Jahr 2024 besteht das Ziel darin, sich das Zertifikat „klimaneutral“ verlängern zu lassen.

Die Biennale wird von Adriano Pedrosa kuratiert und von La Biennale di Venezia organisiert. Das Pre-Opening war am 17., 18. und 19. April und die Preisverleihung und Einweihung fand am 20. April 2024 statt.

2 Kommentare anzeigen

    1. Herzlichen Dank für Deinen Kommentar! Die Biennale setzt damit ein Zeichen und ist damit zugleich eine Antwort auf das Desaster der Dokumenta in Kassel letztes Jahr.

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